Mit Muskelkater zum Science Slam Sieg

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    Draußen fegte ein Schneeschauer über Manching, drinnen ging es „heiß“ her: im kelten römer museum fand zum zweiten Mal ein Science Slam unter dem Motto „Heureka!“ statt. Dieser wissenschaftliche Wettstreit lieferte erhellende Erkenntnisse und mit Arne Nisters einen Sieger, den wohl alle Gäste des Abends gerne als Chemielehrer gehabt hätten.
    Museumsleiter Tobias Esch hieß als „Grußonkel“ die Gäste willkommen in seinem Museum, das nach dem Keltenschatz-Diebstahl, dem Hochwasser und der Dienstags-Schließung als die „Drama-Queen der Archäologie“ bekannt sei. Spätestens hier war klar: Es ist jede Menge Humor im Spiel bei so einem Science-Slam. An einem 22. November die Menschen zum Lachen zu bringen, hat aber auch einen ernsten Hintergrund: An diesem Tag vor zwei Jahren ist der Goldschatz geraubt worden. Damals fand der erste Science Slam eine Woche vor dem Einbruch statt und dass der Initiator der Veranstaltung und stellvertretende Museumsleiter Markus Strathaus („der Andy Borg der Archäologie“) damals scherzhaft die Gäste ermunterte, sich doch beim Nachhause Gehen eine Münze aus der Vitrine mitzunehmen, daran knabbert er noch heute. Ein paar Verbrecher hatten das offenbar ernst genommen.

    Das Moderations-Duo Markus Strathaus und Henrike Wachsmuth führte durch den Abend.

    Zum „fulminanten Oberstübchen-Rodeo für alle auf Kohlenstoff basierenden Lebensformen und dem goldenen Konfettiregen auf unser aller vom Algorithmus runter gerockte Oberhirnrinde“ lud denn auch Markus Strathaus (mit frischem Doktortitel) die Anwesenden ein. Er versprach, dass dieser Slam ein „Sektempfang für Ihren Denksalon“ wird, „der dermaßen eskaliert, dass danach garantiert wieder sämtliche graue Zellen nackt vom Fernsehturm gerettet werden müssen.“ An seiner Seite führte Henrike Wachsmuth durch den Abend, die seit April 2024 wissenschaftlich-pädagogische Mitarbeiterin im kelten römer museum ist und selbiges laut Tobias Esch seitdem im positiven Sinne „auf den Kopf gestellt hat“.

    Und dann traten sie an – die Gladiatoren der Wissenschaft:

    Den Reigen der jeweils maximal 10minütgen Vorträge eröffnete Physikerin Nina Miller (TU München). Bei ihr ging es um grünen Wasserstoff durch solare Wasserspaltung und hier mischten unter anderem Moses und Christian Lindner in ihren Autos in einem Parkhaus mit. Wie kommen die Autos in den ersten Stock? Mit dem Aufzug. „Ich werfe den Aufzug auf mein Auto, der wird dort absorbiert und dann steigt das Auto in den ersten Stock,“ so Miller. Wie sie schließlich mit sogenannten Nanotubes das Licht nutzt, um die Wasserspaltung zu vollziehen, erläuterte sie in ihrem Vortrag.

    Patrick Günter Hanisch (Mitarbeiter im Fachbereich Biotechnologie und -ingenieurwesen an der Hochschule München) erläuterte dem Publikum das Thema „Interaktionen von mikrobiellen Konsortien“ – und zwar anhand von Hollywood Filmen! Solche Gruppen von Mikroorganismen verhalten sich nämlich beispielsweise wie eine Ganoven-Gang. Nur dass sie keine Bank ausrauben: „Das Team von Ocean´s Eleven hat einen, der gut hacken kann. Ich hab einen im Team, der kann gut Schadstoffe abbauen.“ Und nebenbei wurde im Rahmen seines Vortrags auch klar, dass z.B. der erste Indiana Jones Film auch ohne Indiana Jones den exakt selben Ausgang genommen hätte.

    Als Nonne verkleidet betrat Simon Hauser, Altgermanist und selbstständiger Wissenschaftskommunikator aus Berlin die Bühne. Schließlich ging es bei ihm um die wissenschaftliche Betrachtung des „Buchs des Gehorsams“ mit dem im 15. Jahrhundert die Nonnen in einem Nürnberger Kloster diszipliniert wurden. Für die jüngeren im Publikum erklärte er, was ein Buch ist: „Es ist wie ein E-Reader, aber man kann es auch lesen, wenn der Akku alle ist.“ Nachdem man im Kloster übrigens alle Türen zugemauert hatte, verringerte sich auch die Gefahr, dass Nonnen beim Spazierengehen schwanger wurden.

    Nach Sparta nahm Denise Reitzenstein (Althistorikerin und Privatdozentin an der LMU München) das Publikum mit. Ihre These: Dort wurde der Science Slam erfunden. Dabei spielte auch der bekannte Influencer Plutarch eine wichtige Rolle, der mit seinen „News“ das Sparta Bild prägte. Historische Wirklichkeit und historische Deutungen – ein topmodernes Thema in Zeiten von Fake News: „Ideologie und Propaganda ist nicht erst das, was die Nationalsozialisten erfunden haben.“

     

    Den Schlusspunkt setzte der Chemiker Arne Nisters (TU Darmstadt). „Chemie ohne Erdöl ist wie Wandern mit Teenies – klappt (nicht)“ lautete der Titel seines Vortrags, in dem er auf Kohlenwasserstoffe einging, die im Erdöl und in zerkleinerter und neu verknüpfter Form in unendlich vielen Materialien stecken. Das Zerkleinern erfolgt in der Raffinerie mit Hilfe von Katalysatoren. Genau die entwickelt Arne Nisters im Labor. Katalysatoren sind vielfältig, die können sein wie „die Raupen von Cat-erpiller, das können Kat-apulte sein oder sehr starke Katzen, sogenannte Muskel-Kater.“ Weg vom Erdöl – diese Lösungen gibt es, betonte der Chemiker. Man könne Kunst- und Farbstoffe aus alternativen Kohlenstoffquellen herstellen. Das Problem: Ein riesiger Bedarf an grüner Energie, den man so schnell nicht zusammenbringen. „Wir sollten uns nicht zu sehr von diesen süßen Illusionen technischer Lösungen der Klimakrise blenden lassen,“ betonte Arne Nisters. Vielmehr sollte man sich fragen, ob man nicht zu viel verbrauche. Jeder nicht verbrauchte Kohlenwasserstoffbaustein müsse erst gar nicht ersetzt werden.

    Mit seinem anschaulichen Chemiekurs hatte sich Arne Nisters (nach einem Stechen mit Simon Hauser) das „kultige Goldbäumchen“ für den Slam-Sieger geholt. Das Publikum im ausverkaufen Museumsfoyer bedachte alle Slammer und Slammerinnen mit viel Applaus, der beim Gewinner eben noch ein bisschen frenetischer ausfiel. „Mit geht es primär nicht ums Gewinnen,“ erklärte der Sieger im Interview mit Bayer mittendrin. „Es geht darum, die Wissenschaft zu kommunizieren und Leute mit einem Thema zu erreichen und vielleicht auch zu begeistern. Ich habe nicht damit gerechnet und es ist auch ganz nett, aber der eigentliche Sinn liegt woanders.“ Im Übrigen lerne auch er bei jedem Slam dazu, wenn sich die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen treffen. Das hat er mit dem Publikum gemeinsam, dass sicherlich auch beim nächsten Mal wieder gerne dabei ist, wenn es im kelten römer museum heißt: Wissenschaft trifft Humor. (ma)

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