„Sie sind alle wieder da!“ schmunzelt Birgit Reitberger, Verwaltungsleiterin des Residenzschlosses in Neuburg. Sie – damit sind die Gemälde des flämischen Meisters Anthonis van Dyck gemeint, die aus Neuburg an die Alte Pinakothek in München ausgeliehen waren. Weil sie vor dem Beginn der Bauarbeiten im Schloss nicht mehr ausgestellt wurden, brodelte es in der Gerüchteküche. Die Münchner hätten sie behalten, wurde gemunkelt. Aber das ist natürlich Mumpitz. Man hatte ganz einfach die Gelegenheit genutzt, die unschätzbar wertvollen Gemälde in München untersuchen und restaurieren zu lassen. Nun begrüßt Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg – gemalt um 1628 von Anthonis van Dyck – die Besucher wieder im großen Saal der Staatsgalerie Neuburg. Und dieser van Dyck steht damit auch für ein „Dilemma“: Würden die Werke, die hier zu sehen sind, in München, Paris oder London ausgestellt, der Besucherantrag wäre enorm.
„Neuburg muss man eben entdecken,“ meint Birgit Reitberger, „Wenn die Besucher uns dann entdeckt haben, sind sie oft ganz erschlagen von dem, was es in dieser kleinen Stadt zu sehen gibt.“ 120 Gemälde der größten flämischen Barockmaler sind in dieser Zweiggalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlung vertreten – eine Ansammlung an Meisterwerken von Weltformat. Ohne Warteschlangen und für nur sechs Euro Eintritt. Das ist fast schon unglaublich. Das Herzstück der Galerie bilden zwei Gemälde, die auch jener Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg in Auftrag gegeben hatte und das bei keinem geringeren als Peter Paul Rubens.
Die „Anbetung der Hirten“ und die „Ausgießung des Heiligen Geistes“ schmückten einst die Nebenaltäre der Neuburger Hofkirche, gelangten über Düsseldorf nach München und wieder zurück nach Neuburg. Das dazu gehörige Hochaltarbild „Das Große Jüngste Gericht“, das größte Bild, das Rubens je gemalt hat, befindet sich heute in der Alten Pinakothek. Aber zurück nach Neuburg. Hier lösen auch kleine Gemälde Begeisterung aus, etwa das Katzenkonzert von David Teniers d. J. Leider löst diese Begeisterung hin und wieder den Alarm aus, weil die Besucher dem Werk zu nahe kommen.
Beste Aussichten
Lieber ein Alarm zu viel als einer zu wenig – das ist angesichts der Schätze, die hier beheimatet sind, das Motto der Schlossverwaltung. Mehr als ein Jahr war die ehemalige pfalzgräfliche Residenz für Besucher gesperrt und auch alle Veranstaltungen mussten abgesagt werden, um die Sicherheitsanlage und den Brandschutz auf den modernsten Stand zu bringen. „Es ist eben nicht nur ein Altbau, sondern ein Sehr-Alt-Bau,“ so Birgit Reitberger. Corona und die Probleme, entsprechende Handwerker zu bekommen, machten das Projekt auch nicht einfacher.
Seit Mitte November hat das Schloss aber wieder geöffnet (geschlossen bleibt weiterhin nur die Zweigstelle der Archäologischen Staatssammlung) und so kann auch die Geschichte des Fürstentums Pfalz-Neuburg wieder museal erkundet werden. Ebenso dürfen die prächtigen Textilien aus dem Ursulinenkloster wieder „live und in Farbe“ bewundert werden. Dazu gibt es – trotz Corona – auch im wahrsten Sinne gute Aussichten für das noch junge Jahr, denn nach über vier Jahren soll die Terrasse wieder geöffnet werden. Nach einem intensiven „Taubenbefall“ und der teilweisen Vernetzung der Fassade kann in Zukunft dort wieder flaniert und auch fotografiert werden. (ma)
Kurz notiert:
Renaissanceschloss Neuburg
Museum “Das Fürstentum Pfalz-Neuburg”
Flämische Barockgalerie
Paramente der Ursulinen
Schlosskapelle
Residenzstr. 2
86633 Neuburg
Tel.: 08431/6443-0