Johannes Appel heißt der neue Pächter der Neuen Welt in Ingolstadt. Für die Kult- und Kulturkneipe in der Ingolstädter Altstadt beginnt nach Betreiberwechseln und zwei Jahren Corona eine neue Zeitrechnung. „Johannes Appel wird einen eigenen Charakter einbringen,“ betonte Kulturamtsleiter Tobias Klein bei der Vorstellung des neuen Neue Welt Wirts. Es brauche an dieser Stätte eine eigene, persönliche Note, so Klein. „Und es soll keine Kopie der Vergangenheit sein.“ Trotzdem – beim Thema Vergangenheit muss das Thema „Chili“ im wahrsten Sinne auf den Tisch: Das wird es wieder geben – aber auch hier mit eigener Note, so Klein. Bereits am 3. August hat die Neue Welt wieder geöffnet und sich auch noch erweitert, denn ein Garagen Biergarten, in dem sich u.a. alte Kirchenbänke als Sitz (Knie?) Gelegenheit finden, gehört jetzt auch als „sakraler“ Biergarten zum Angebot. Das ist nur eine der vielen Ideen von Johannes Appel, der in Ingolstadt aufgewachsen ist und die Neue Welt als „glücklichen Zufluchtsort“ aus seiner Vergangenheit nun für die Zukunft wiederbeleben möchte. „Man braucht für die Neue Welt einen an anderen Typen,“ meinte auch Herrnbräu Geschäftsführer Gerhard Bonschab. „Ich hoffe, dass die Neue Welt neu erblühen kann!“
Und wer ist nun der „Neue“ in der Neuen Welt?
Dazu heißt es in der Pressemitteilung: Mit dem Garagen-Biergarten sind die Pläne von Johannes Appel für die Neue Welt noch längst nicht erschöpft. Diese reichen von Tanz- und Kabarettveranstaltungen (er ist ein großer Anhänger des Humors von Gerhard Polt und Loriot), Poetry-Slam und Singer-Songwriter-Contests. Auch einen Co-Working-Space kann er sich vorstellen. Er möchte jedem eine offene Bühne bieten, jeder die Chance geben. „Die Neue Welt als Eingangstür zu einer neuen Welt nutzen.“ Dies können auch die ersten Versuche am Klavier sein, das bis dato noch recht versteckt im Backstage-Bereich steht.
Aus diesem Topf an Ideen wird er schon im September Folgendes umsetzen: Montags stehen Tangoabende auf dem Programm und für die Dienstage plant er ein Pilotprojekt mit Stefan Lust (Erkan & Stefan). Noch ein Stück weiter in die Zukunft gedacht, sagt er: „Die Donnerstage sind die Tage der heiligen Gespräche. Ob es Stammtische sind oder ob jemand alleine kommt, einfach dazusetzen. Jeder ist herzlich willkommen.“ Die Samstage möchte er dann mit einem gemütlichen Weiß- oder Bauernwurstfrühstück beginnen und wenn am Sonntagmittag ein Braten und am Nachmittag Kaffee und Kuchen auf der Karte stehen, garniert mit Schafkopfrunden, „dann läuft es“. Die Übergänge zu etwas Neuem werden fließend sein.
Die Mittwoch- und Freitagabende (außer in den Ferien) sind vorrangig für Veranstaltungen des Kulturamts reserviert. Vermietungen an Dritte – z.B. an andere Veranstalter – werden weiterhin über das Kulturamt koordiniert und können je nach zeitlicher Verfügbarkeit ermöglicht werden.
Apropos Speisekarte: Auf dieser wird auch wieder das fast schon legendäre Chili der Neuen Welt stehen, das vom Wirt übrigens selbst gekocht wird. Ganz gleich, welches Gericht auf den Tisch kommt, eins ist Johannes Appel sehr wichtig: Die Totalität der Karte, wie er es nennt. „Damit ist die totale Offenlegung der Zutaten gemeint. Ich lege Wert auf regional und nachhaltig angebaute Produkte und werde diese in der Karte auch deklarieren. Ich möchte in der Neuen Welt ökonomisch und nachhaltig wirtschaften, gute Produkte mit Liebe und Herzlichkeit ehrlich anbieten.“ Das langfristige Ziel von Johannes Appel ist es, bestimmte Lebensmittel auf einem eigenen Bauernhof selbst anzubauen. Dieser soll ein naturphilosophisches pädagogisches Pilotprojekt sein und als Versuch dienen. „Ich möchte Kindern näherbringen, wie man Lebensmittel herstellt und wie man es lernt, sie mit allen Sinnen zu genießen.“
Bis es soweit ist, dauert es noch ein wenig. Doch den biologischen und nachhaltigen Ansatz hat Johannes Appel schon beschritten und bezieht Käse vom Bio-Käse-Händler Da Kasmo. Auch auf kurze Lieferwege legt er Wert. So kommen zum Beispiel die exquisiten Weine der Neuen Welt direkt von Arsvivendi – doch nicht nur mit dem Feinkostladen arbeitet er eng zusammen. Auch mit Yankee & Kraut, Englwirt, La Pizzeria, Griesmüllers Altstadtbrauerei, The Golden, Tagtraum, Rosengasse und Postwagen. „Wir sehen uns nicht als Konkurrenten, sondern als gegenseitige Befruchtung, die einen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt bieten.“
Mit der Neuen Welt öffnet sich für Johannes Appel ein neuer Lebensabschnitt, ein „neuer Raum“, wie er es nennt. Die anderen beiden Räume sind der Vorlesungs- und Seminarraum, denn er studiert aktuell Literaturwissenschaften an der LMU München. Auch kann er es sich vorstellen, im Rahmen des Studiengangs Germanistik ein Semester in Eichstätt zu studieren. Zuvor widmete er sich den Studien der Philosophie, Psychologie, Logik- und Wissenschaftstheorie sowie Soziologie.
Gastroerfahrung besitzt der 43-Jährige nicht. Aber als er hörte, dass für die Neue Welt, „dem Wirtshaus mit Charakter“, ein Pächter gesucht wird, stand für ihn fest: „Ich beschreite den Korridor des Muts, in dem ich Liebe, Herzblut, Engagement und Motivation einbringen werde.“
Die Neuen in der neun
Seit 1. August hat auch das Kulturzentrum neun einen neuen Pächter. Die daily7 VEC GmbH, die auch das K1 dining im Golfclub Ingolstadt betreiben, wird bei den dort stattfindenden Veranstaltungen die Bewirtung inklusiv dem Catering übernehmen. Die Location mit ihrem einzigartigen Charakter ist das Zuhause von Kulturveranstaltungen, Firmenevents und Feierlichkeiten jeglicher Art.
Des Weiteren wollen die neuen Pächter Brian Rawson und Christian Schulitz mit ihrem Konzept das Kulturzentrum neun mit außergewöhnlichen Events bereichern. „Wir wollen unseren eigenen Charakter mit einbringen und internationale Künstler nach Ingolstadt holen,“ so Christian Schulitz. Geplant sind beispielsweise Events der Partyreihe Timless von Tom Novy und im Herbst soll eine Veranstaltung der internationalen Eventreihe „Glitterbox“ in der neun stattfinden. Dabei wird das Disco-Feeling der 1960er bis 1990er Jahre in das Hier und Heute transportiert: „Es ist eine Art Studio 54 Revival,“ meinte Brian Rawson. (ma/stadt in)