Wenn die Nacht über Gungolding im Altmühltal hereinbricht, dann brechen sie auf. Die Fledermäuse. Und es ist ein außergewöhnliches Naturschauspiel, das sich hier in den Sommermonaten abspielt, wenn sich unzählige Fledermäuse aus dem Turm der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt stürzen. Ja, sie stürzen wirklich. Das wird dem wissbegierigen Teilnehmer der Fledermaus-Exkursion mit Naturpark-Ranger Manfred Bauer verdeutlicht. Nach dem Sturz vom Turm breiten sie freilich ihre Flughäute aus und „brettern“ mit beachtlichem Tempo durch die Umgebung. Ihre Mission: Nahrung erbeuten. Und das tun sie zum Beispiel im Tiefflug über die Gungoldinger Wacholderheide. Währenddessen wartet der Nachwuchs im Gebälk der Kirche auf die Verpflegung, die von Mama Mausohr herangeschafft wird (die Papas sind als Einzelgänger nicht an der Bachwuchspflege beteiligt). Wird der Nachwuchs im Juli aufgezogen, so folgt im Herbst die „Zeit des großen Fressens“. Dann geht es darum, sich Energie für den Winter anzufuttern, um die kalte, dunkle Jahreszeit dann in Höhlen, alten Kellern oder Stollen zu verbringen. Außerdem ist der Herbst die Zeit, um sich zu paaren. Kurios: Die Eizellen werden nicht sofort befruchtet, sondern erst nach dem Winterschlaf.
Unbedingt das Licht ausmachen!
Sagenhafte 2200 Große Mausohren (Weibchen und Jungtiere) bevölkern das historische Gebäude. Das hat die aktuelle Zählung im Juli 2024 ergeben. „Es handelt sich um die bedeutendste Mausohrkolonie in Bayern, vermutlich sogar weltweit,“ betont Manfred Bauer. „In den 1970er und 1980er Jahren haben sich die Populationen massiv verringert. Jetzt erholen sie sich wieder. Die Art, die nicht auf der roten Liste steht, kommt „ganz massiv“ im Naturpark Altmühltal vor.
Für Mausohren sind Kirchen die letzten möglichen Wochenstuben und das Gotteshaus in Gungolding ist in seiner Ursprünglichkeit belassen worden.“ So erlebte die Mausohrkolonie hier einen regelrechten Wachstumsschub, als in Schambach die Kirche renoviert wurde und die dortigen Fledermäuse „ausziehen“ mussten. Kleine Populationen findet man unter anderem in den Kirchen in Unteremmendorf, Pfünz, Obereichstätt und Breitenfurt. Natürliche Feinde der Fledermäuse sind laut Deutscher Wildtierstiftung Katzen, Marder, Greifvögel und Eulen. Aber es gibt noch einen sehr gefährlichen und im wahrsten Sinne unfassbaren feind: Das Licht. Schließlich sind die Fledermäuse nachtaktiv – vorausgesetzt die Nacht tritt ach ein. „Es ist ganz dramatisch, wenn über mehrere Tage das Licht nicht ausgeschaltet wird,“ betont Manfred Bauer. So sind schon ganze Populationen vernichtet worden, weil sie keine Nahrung mehr erjagen konnten.
Fledermausfreundliche Kirchen in Ingolstadt
Nicht das Große Mausohr, aber Langohr-Fledermäuse haben sich in einigen Kirchen in Ingolstadt angesiedelt. Diese Fledermausart ist streng geschützt und vom Aussterben bedroht. In den Dachstühlen der Filialkirche St. Andreas in Dünzlau, der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Mühlhausen, der Marienkirche Feldkirchen, der Filialkirche St. Laurentius in Irgertsheim und der Pfarrkirche Mariä Geburt in Pettenhofen sind im vergangenen Jahr Fledermausquartiere entdeckt worden. Für ihr Engagement zum Schutz und Erhalt wurden die Pfarreien jetzt vom bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber ausgezeichnet.
Hätten Sie es gewusst? Der Ranger informiert:
- Fledermäuse werden etwa 10 bis 15 Jahre alt. Es gibt auch Arten, die 30 Jahre alt werden können.
- Das Herz einer Fledermaus „in Aktion“ schlägt bis zu 1200 Mal pro Minute. Im Winterschlaf fährt das Tier den Herzschlag auf bis zu ein, zwei Schläge pro Minute herunter.
- Die Körpertemperatur beim Flug liegt bei über 40 Grad. „Sie haben praktisch jede Nacht Fieber“, erklärt Naturpark-Ranger Manfred Bauer.
- Die Zwergfledermaus ist hierzulande die kleinste Fledermausart. Sie ist ca. 4 Zentimeter groß und wiegt so wenig wie ein 20 Cent Stück. Das Große Mausohr ist die größte mit einer Spannweite von etwa 45 Zentimetern.
- Dass sich Fledermäuse in den Haaren von Menschen verfangen, ist ein Mythos. Ihre Ultraschall-Echoortung ist viel zu exakt dafür. Außerdem gibt es keine Hinweise dafür, dass Fledermäuse Krankheiten übertragen würden.
- Fledermauskot eignet sich hervorragend zur Düngung, weil er Phosphor enthält. Man kann ihn von Mäusekot unterscheiden, weil er durch den hohen Anteil an Chitin „glitzert“. (ma)
Termine und Infos zur Europäischen Fledermausnacht (24.25. August) unter: https://www.nabu.de/
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt
St. Marienstraße 16
85137 Walting-Gungolding
www.walting.com/gungolding
Mit dem Ranger unterwegs
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Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern
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