Ansichtssache(n) im Medizinhistorischen Museum

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    Es ist ein wortwörtlich herzlicher Empfang, der den Besucherinnen und Besuchern der neuen Sonderausstellung im Deutschen Medizinhistorischen Museum in Ingolstadt gemacht wird. Da befindet sich in einer Vitrine – bestens ausgeleuchtet – ein menschliches Herz. Es ist von Alfred Riepertinger plastiniert worden: „Dieses Herz, das er uns ausgeliehen hat, ist eines der besten Stücke aus seiner Sammlung,“ erklärt Museumsleiterin Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger. „Wir haben es deshalb in den Auftaktraum gestellt, weil es wie wir finden sehr ästhetisch wirkt. Dadurch, dass es ein Plastinat ist, hat es nicht diesen Organcharakter wie ein Feuchtpräparat.“ Das Objekt solle nicht abschreckend wirken, betont Ruisinger. Aber hier wird auch klar: Es geht um menschliche Präparate. An der Wand befinden sich Fragen wie „Ist das echt?“, „Braucht das die Forschung noch?“ oder „Von wem ist dieses Herz?“. Der „Empfangsbereich“ soll daher jedem die Möglichkeit geben, sich selbst zu befragen und vielleicht doch noch umzukehren.

    Von Kopf bis Fuß in Virchows Vitrine

    Wer sich auf die Thematik der „Human Remains“, also der menschlichen „Überreste“ einlassen möchte, der findet sich nun vor einer beeindruckenden Vitrine, die mit Präparaten (alle echt!) bestückt ist. Dabei ist das Möbelstück allein schon ein museales Kleinod, denn es handelt sich um eine Original-Vitrine des berühmten Arztes Rudolf Virchow, der als Begründer der Pathologie gilt. Er gab mehrere dieser Vitrinen vor rund 100 Jahren für sein Museum auf dem Gelände der Berliner Charité in Auftrag. „Ich wollte die Präparate in ihrer eigentlichen Heimat im Ursprungskontext einer Lehrsammlung zeigen. Denn sie sind nicht für das Museum gemacht worden, sondern für die Weiterbildung von Studierenden und die öffentliche Aufklärung,“ so Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger, die wusste, dass es da in Berlin noch eine Vitrine – zerlegt und verpackt – auszuleihen gibt. In einem echten Kraftakt haben schließlich neun Leute das 3,5 Meter breite „höllenschwere Gusseisending“ in den Sonderausstellungsraum zu hieven. Eine eigens entwickelte Beleuchtung lässt die Präparate nun in angemessenem Glanz ohne Effekthascherei erstrahlen. Jedem Präparat ist eine Information zur Herkunft beigefügt und 24 Objekte kann man sich sogar per Audio-Guide erläutern lassen. Dafür haben eine Expertin und sechs Experten des Ingolstädter Klinikums die Präparate erklärt – vom Alzheimer Gehirn bis zum Münchner Bierherz. Insgesamt zeigt die Schau „Ansichtssache“ rund 100 Präparate – größtenteils Leihgaben aus Berlin, Erlangen und München.

    Um die Vitrine herum finden sich Themen-Nischen, die unterschiedliche Aspekte der Schau aufgreifen. Da geht es zum Beispiel um die Präparation, Plastination oder Korrosion, es geht um den Umgang mit menschlichen Präparaten in Museen, um Lehrsammlungen, Modelle und mehr. Ein „Graphic Essay“ befasst sich einer historischen Sammlung an Feten mit starken Fehlbildungen aus der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

    Dringend erbeten: Ihre Meinung!

    Es ist ein Novum für das Deutsche Medizinhistorische Museum, dass eine Sonderausstellung keine Forschungsergebnisse zeigt. Diese Ausstellung, die in Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Leibniz-Institut für Wissensmedien Tübingen entwickelt wurde, ist selbst eine Art Forschungsvorhaben und dafür ist die Beteiligung der Besucherinnen und Besucher ganz entscheidend. Deshalb ist ein eigener Feedback-Raum eingerichtet worden: „Wir haben ihn extra schick gestaltet, ganz in Pink mit weißem Sofa. Das soll Lust darauf machen, sich hier aufzuhalten und an der Befragung teilzunehmen“, verrät die Museumsleiterin. Der Kern dieser Schau ist die Frage nach dem Umgang mit Präparaten, also Organen, Knochen oder Körperteilen, die einmal zu einem Menschen gehörten. Darf an sie ausstellen? Muss man? Darf man nicht? Wie fühlen sich Besucherinnen und Besucher bei der Betrachtung? Ist das noch zeitgemäß? Kann man das digital umsetzen? Fragen über Fragen, die nicht nur in der Wissenschaft diskutiert werden, sondern auch unter Museumsbesuchern.

    Im Feedback-Raum kann man nun entweder eine Feedback-Karte für die Pinwand ausfüllen oder sein Smartphone zücken und via QR-Code an der Online-Befragung teilnehmen. Alternativ steht auch ein Tablet bereit. Diese Online-Befragung wird von einer Studentin der Medien- und Kommunikations-Wissenschaften der Universität Leipzig im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit durchgeführt und in dem Dokumentationsband veröffentlicht, der nach der Ausstellung erscheint. So stehen die Ergebnisse später auch anderen Häusern zur Verfügung.

    Die Kooperationspartner der Ausstellung Prof. Dr. Stephan Schwan (Tübingen, l.), Prof. Dr. Thomas Schnalke (Berlin, r.), Udo Andraschke MA (Erlangen, 2.v.r) und Museumsdirektorin Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger

    Eine gesetzliche Regelung für den Umgang mit menschlichen Präparaten in Sammlungen und Museen gibt es übrigens nicht wie Prof. Dr. Thomas Schnalke (Kooperationspartner der Ausstellung) erklärte: „Es wird immer wieder von Neuem diskutiert, was auch gut ist, denn jede Zeit hat eine neue Sensibilität, eine neue Befindlichkeit, eine neue Haltung gegenüber diesen Anschauungsobjekten, die zugleich auch Subjekte sind.“ Also: Diskutieren Sie mit! Bis 11. Januar 2026 im Deutschen Medizinhistorischen Museum. (ma)

    Vortragsreihe zur Ausstellung
    Die Vortragsreihe zur Ausstellung „Ansichtssache” eröffnet ganz unterschiedliche Perspektiven auf menschliche Präparate. Im Verlauf der Ausstellung kommen hier Expertinnen und Experten zu Wort, die beruflich mit Präparaten zu tun haben, und geben Einblick in ihre tägliche Arbeit.

    Jeweils Mittwoch 19 Uhr, Dauer ca. 90 min., Eintritt frei.
    Einlass ab 18.00 Uhr mit Öffnung der Sonderausstellung.
    Nach den Vorträgen besteht die Möglichkeit, bei einem Glas Wein oder Wasser mit den Referenten ins Gespräch zu kommen.

    23.04.2025
    Präparator | Alfred Riepertinger
    Siegfried Oberndorfer Lehrsammlung, Institut für Pathologie, München Klinik Schwabing
    14.05.2025
    Pathologe | Prof. Dr. Patrick Adam
    Pathologie Ingolstadt
    02.07.2025
    Anatom | Prof. Dr. Michael Scholz
    Lehrstuhl für Funktionelle und Klinische Pathologie, FAU Erlangen-Nürnberg
    23.07.2025
    Kuratorin | Dr. Sara Doll
    Institut für Anatomie und Zellbiologie, Universität Heidelberg
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    Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, FAU Erlangen-Nürnberg
    19.11.2025
    Anatom | Prof. Dr. Lars Bräuer
    Lehrstuhl für Funktionelle und Klinische Pathologie, FAU Erlangen-Nürnberg

    Kurz notiert:
    Ansichtssache.
    Menschliche Präparate im Museum
    bis 11. Januar 2026
    Deutsches Medizinhistorisches Museum
    Anatomiestraße 18 – 20
    85049 Ingolstadt
    www.dmm-ingolstadt.de

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