Normalerweise wird am Spieltisch laut gelacht, gezetert, gemeckert. Normalerweise hält man sich mit Kommentaren über die Spielzüge der anderen nicht zurück. Normalerweise. Aber es gibt auch eine Reihe von Brettspielen, da darf nicht miteinander gesprochen werden, zumindest nicht über das Spiel. Schweigen am Spieltisch? Und das funktioniert? Und wie!
Mandamina – klingt wie ein exotischer Tanz, ist aber ein kooperatives Farbenspiel, das ganz ohne Worte auskommt. Das Ziel ist simpel: 48 bunte Murmeln in acht gleichfarbige Gruppen sortieren. Am Anfang herrscht noch das reinste Tohuwabohu. Mit der Zeit kommt Ordnung ins Spiel. Reihum wird eine Murmel auf das freie Feld bewegt, in der Hoffnung, dass die Mitspieler die eigene Strategie erahnen. Ein Blick, ein Stirnrunzeln – mehr bleibt nicht, um die Absichten zu deuten. Das sorgt für heitere Momente und gelegentliches Kopfschütteln, wenn der Plan mal wieder nicht aufgeht.
Die bunten Murmeln sind haptisch ein Genuss und machen auf dem Spielbrett ordentlich was her. Die Regeln sind flott erklärt. Eine Partie dauert nur etwa 10 Minuten. Doch unterschätzen darf man das Spiel keineswegs. Es erfordert strategisches Denken und ein gutes Gespür für die Mitspieler. Die wortlose Interaktion hat etwas Meditatives. Für Fans von Knobelspielen und stiller Kommunikation ist Mandamina definitiv ein Genuss.
Mandamina von Peter Jürgensen ist erschienen im Verlag HCM Kinzel, es kostet ca. 25 Euro.
Pokern ist sehr beliebt. Diese Spannung. Ist mein Blatt gut genug? Was riskiere ich? Soll ich bluffen? Fragen, die einem permanent durch den Kopf gehen – ohne mit der Wimper zu zucken. Pokerface ist gefragt. Auch beim Spiel The Gang. Dass man hier nicht über sein Blatt reden darf, erscheint noch logisch. Aber hier haben wir es mit einem besonderen Twist zu tun: Das Spiel ist kooperativ. Ausgerechnet bei einem Pokerspiel, möchte man sagen, wo doch jeder den anderen übers Ohr hauen möchte.
Im Prinzip läuft alles ab, wie bei einem normalen Pokerspiel. Wir versuchen einzuschätzen, wie gut unsere Blätter sind. Wie bei Texas Hold’em liegen eine Reihe von Informationen offen. Mit Hilfe von Pokerchips geben wir die Reihenfolge an – vom schlechtesten Blatt bis zum besten. Dann wird aufgedeckt. Haben wir tatsächliche die korrekte Rangfolge unserer Kartenkombinationen geschafft? Wir dürfen uns keinen Fehler erlauben. Das mag für Poker-Unerfahrene am Anfang noch eine große Herausforderung sein. Mit ein bisschen Übung hat man es aber schnell raus und kann „das Spiel lesen“. Funktioniert überraschend gut – und sorgt mit vielen weiteren Herausforderungen für viele stimmungsvolle Pokerabende. Sehr originell!
The Gang von John Cooper und Kory Heath ist erschienen im Verlag Kosmos, es kostet ca. 15 Euro.
Am Waldrand steht das Eichhörnchen Eddie und sucht seinen Weg nach Hause. Der Weg durch den Wald führt über verschiedene Äste. Unsere Aufgabe ist es, ihm bei seiner Mission Haselnuss zu helfen. Wie bei den anderen vorgestellten Spielen gilt auch hier: Wir spielen gemeinsam und dürfen nicht miteinander reden. Doch dieses Spiel ist bereits für Kinder ab sechs Jahren – was mir ein wenig gewagt erscheint, denn die Aufgabe ist durchaus herausfordernd …
In jeder Runde planen wir den Weg für Eddie. Schritt für Schritt, oder besser Sprung für Sprung, von Ast zu Ast. Wie bei einem Labyrinth führen wir ihn behutsam in Richtung zu Ziel. Das Problem: Die Karten legen wir verdeckt auf einer Tafel ab. Wie soll Eddie springen? Erst in Richtung Wiese? Oder in Richtung See? Was haben meine Mitspieler gelegt? Ich weiß es nicht. Ich kann nur hoffen, dass sie so ticken wie ich. Und dass sie auch die passende Karte zur Hand haben. Das macht dieses Spiel herrlich unvorhersehbar. Chaotisch und witzig zugleich.
Mission Haselnuss von Leo Colovini ist erschienen im Verlag Pegasus, es kostet ca. 20 Euro.
Über den Autor:
Brettspielexperte Bernhard Löhlein stellt in Bayern mittendrin neue Spiele vor. Seit Jahrzehnten befasst sich der Ingolstädter Journalist (und Mitglied im Spieleclub Ali Baba) mit Brettspielen. Er war zudem viele Jahre Sprecher der Jury zum Spiel des Jahres.