Der Sperling ist einer. Und der Hausrotschwanz auch. Genauso wie der Mauersegler. Diese Vögel gehören zu den sogenannten Gebäudebrütern. In diesem Namen steckt das drin, was sie zur Erhaltung ihrer Art brauchen: Gebäude. Doch da geht es ihnen wie den menschlichen Stadtbewohnern: es ist schwierig, die passende Unterkunft zu finden. „Um den Haussperling steht es in der Innenstadt zum Beispiel schlecht,“ erklären die Vogelschützer der LBV Kreisgruppe Ingolstadt. Einmal im Monat trifft sich die AG Gebäudebrüter in der Geschäftsstelle, um sich auszutauschen, aktuelle Themen zu diskutieren, Veranstaltungen und Hilfsaktionen zu planen. Besonders wichtig ist dabei die Information der Bevölkerung etwa durch Infostände in der Fußgängerzone, wo auch über die Not der Gebäudebrüter aufgeklärt wird. Aktuell steht dazu eine Erfassung der Quartiere der Tiere an, um zu erfassen, wo welche Gefahr droht.

Johann Geier, Ingeborg Maier, Norbert Model, Manfred Glawion, Gerhard Hentschel (obere Reihe)
Heinke Geier, Kerstin Kellerer, Dieter Lehle (untere Reihe)
Zurück zum Haussperling (aka Spatz). Der lebt in den Lücken und Nischen von Hausfassaden, baut dort sein Nest und nutzt dieses über Jahre. Das tut er auch in Ingolstadt (zum Beispiel im Piusviertel) – vorausgesetzt er darf: „Die Nester dürfen nicht entfernt werden. Sperlinge wollen in der Gruppe brüten und brauchen außerdem Büsche, Sträucher oder Bäume in der Nähe, um Nahrung, also Insekten für ihre Jungen zu finden,“ betont LBV-Mitglied Heinke Geier. Leider würden die Nistmöglichkeiten durch Gebäudesanierungen und z.B. die Anbringung von Vogelschutzgittern immer weniger. Außerdem wird die Nahrungsbeschaffung deutlich schwieriger, je mehr Flächen versiegelt werden. Und selbst wenn z.B. Sträucher angepflanzt werden, gilt es insekten- und damit vogelfreundliche Arten zu nehmen. Entscheidend dabei ist, dass es sich laut den LBV-Experten möglichst um einheimische Gehölze handeln sollte und nicht um wenig geeignete Gewächse wie Kirschlorbeer oder Forsythien.
Screaming-Parties und fliegende Glücksbringer
Mauersegler sind die Vögel der Innenstadt. Dabei werden sie oft gar nicht bemerkt oder mit den Schwalben verwechselt. Im April kehren sie zu ihren Brutplätzen zurück, die sich oft unter Dachrinnen befinden. Etwa vier Monate bleiben sie hier, um die Jungen aufzuziehen. Dann kann man sie in Ingolstadt etwa am Herzogskasten oder am Münster beobachten und auch hören. Die sogenannten „Screaming-Parties“, bei denen Mauerseglerschwärme „kreischend“ und in rasantem Tempo durch die Stadt fliegen, sind typisch für diese Vogelart.

Als echte „Pfützenliebhaber“ (gerne lehmig) erweisen sich die Rauchschwalben, die klassisch auf Bauernhöfen zu finden sind, sich aber auch in Tiefgaragen, Unterführungen und an Tankstellen ansiedeln. Richtig stolz auf die eigene „Rauchschwalben-Familie“ ist man übrigens im Ristorante „Al Castello“ in der Harderstraße in Ingolstadt. Die zweite Schwalbenart, die in der Stadt zu Hause ist, sind die Mehlschwalben. „Früher haben sie Glück gebracht,“ erklärt Ingeborg Maier von der Ingolstädter LBV-Gruppe. Heute brauchen sie selbst Glück, um eine „Aufenthaltsgenehmigung“ zu bekommen, denn Schwalbenquartiere werden immer weniger.

Und auch der Vogel des Jahres 2025, der Hausrotschwanz, ist ein Gebäudebrüter, dessen Nistplätze schwinden. Er stammt eigentlich aus dem Gebirge, hat sich inzwischen aber an den Menschen angepasst und bewohnt Nischen und Balken.
Falken und Fledermäuse
Neben den genannten Vogelarten gibt es noch viele weitere, die sich im Stadtgebiet von Ingolstadt „häuslich eingerichtet“ haben. So sind am Münster, am Neuen Schloss und auch in Unsernherrn an der Kirche Turmfalken beheimatet, auch Wanderfalken wurden in der Innenstadt gesichtet. Im Konradviertel sind es Dohlen, die sich bevorzugt in Kaminen einnisten. Und auch die Ringeltauben, die zum Beispiel am Sparkassengebäude und dem technischen Rathaus zu finden sind, zählen zu den Gebäudebrütern. Eine weitere Tierart, die ohne Federn auskommt, ist ebenfalls auf überdachte Unterkünfte angewiesen: die Fledermäuse. In Ingolstadt sind das zum Beispiel der Große Abendsegler und die Mückenfledermaus, die kleinste Art in Mitteleuropa. Um letztere kümmert sich insbesondere Kerstin Kellerer im Rahmen ihres Engagements bei LBV in Ingolstadt.
Egal ob Vogel oder Fledermaus – sich im Vorfeld mit dem Thema Gebäudebrüter zu befassen, macht bei Bauprojekten Sinn. Und das Thema auch bei öffentlichen Bauvorhaben etwa durch die Stadt noch stärker ins Bewusstsein zu bringen, das wünschen sich die Vogelschützer. (ma)
Der LBV empfiehlt:
- Rücksichtsvoller und artenschutzrechtlich korrekter Umgang bei Baumaßnahmen und Renovierungen in der Brutsaison (ca. April bis September)
- Beratung bei Baumaßnahmen ein Jahr im Voraus einholen (z.B. bei LBV oder Unterer Naturschutzbehörde)
- Anbringen von Nisthilfen
- Erhalt von Grünflachen, Bäumen und Sträuchern in der Innenstadt
- Verzicht auf Versiegelung
Das Umweltamt der Stadt Ingolstadt informiert in der Broschüre „Baumaßnahmen und Artenschutz im Einklang“ über den Artenschutz bei Bau- und Sanierung. Download unter:
ingolstadt.de/Leben/Umwelt-Natur-Klima/Naturschutz-Biodiversität/Artenschutz/
Jetzt vormerken: Die Batnight Ende August!
Am 30. August ist internationale Fledermausnacht. Zu diesem Anlass kann man sich zusammen mit Experten des LBV auf die Spur der faszinierenden Tiere begeben. Treffpunkt ist um 20 Uhr am Donaupavillon in Ingolstadt. Alle Termine des LBV Ingolstadt finden Sie unter www.ingolstadt.lbv.de/termine/
