Dass Landesgartenschauen weit mehr sind, als eine Blumenausstellung, haben die Stadtbild prägenden Schauen in der Region bereits bewiesen. Aus einer Industrie- und Lagerfläche wurde z.B. der Ingolstädter Klenzepark, der Regionalgartenschau hat Pfaffenhofen den Bürgerpark und die umgestaltete Ilminsel zu verdanken. Und nun ist Schrobenhausen an der Reihe, denn in der Lenbachstadt findet im Jahr 2031 die Bayerische Landesgartenschau statt.
Bevor es aber um die eigentliche Schau geht, steht das große Ganze im Mittelpunkt – sprich: die städtebauliche Entwicklung mit dem Um- und Ausbau von Flächen, Gebäuden, Ufern und Plätzen. Mit der Geskes.Hack Landschaftsarchitekten GmbH aus Berlin hat nun ein Gartenschau erprobtes Büro den freiraumplanerischen Wettbewerb gewonnen. „Der erste Platz war mit Abstand die beste Bewerbung,“ betonte Martin Richter-Liebald, Geschäftsführer der Landesgartenschau Schrobenhausen 2031 GmbH, wobei in dem gesamten Verfahren sowieso schon „die Champions League der deutschen Planungsbüros“ vertreten war. 32 Büros hatten sich beworben, 14 kamen per anonymem Losentscheid in die Endauswahl, über die ein Preisgericht in Schrobenhausen nun entschied. Geschäftsführer-Kollege Thomas Zaum freute sich, weil der Entwurf so gut zur Stadt passe: „Ich sehe große Chancen für Schrobenhausen. Das bringt die Stadt für die nächsten Jahrzehnte weiter und ich verspreche mir auch mehr Geschwindigkeit beim Hochwasserschutz.“ Eben diese Berücksichtigung des Hochwasserschutzes war ein ausschlaggebender Punkt für die Jury, die Geskes.Hack Landschaftsarchitekten auszuwählen. „Das ist Stadtentwicklung, wie wir es uns vorstellen. Im Siegerentwurf finden sich viele Elemente wieder, die sich die Bevölkerung gewünscht hat“, so Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner. Im Oktober wird dem Stadtrat das Konzept vorgestellt.

„Wir freuen uns riesig!“ erklärten die Vertreter der Geskes.Hack Landschaftsarchitekten GmbH. Gartenschauen sind so etwas wie die „Spezialität“ des Büros, die schon 12 dieser Schauen mitgestaltet haben und im vergangenen Jahr zum Beispiel den 1. Platz im Wettbewerb zur Bundesgartenschau 2029 Oberes Mittelrheintal Stadt Lahnstein belegten. Der Entwurf für Schrobenhausen basiert auf der Idee, den historischen Stadtwall weiterzuentwickeln und in den Flussauen der Paar und Weilach neue Grünanlagen mit vielfältigen Freizeitangeboten zu schaffen. „Uns ist aufgefallen, dass die Lage der Stadt an der Paar noch nicht gut erlebbar ist,“ erklärte Stefan Hack bei der Präsentation seines Konzepts, das drei Schwerpunktbereiche hat: den Altstadtring, den Sportpark und den Auenpark. Durch die Neugestaltung des Stadthallenumfeldes wendet sich die Stadt den bisher vernachlässigten Flussauen zu. Die Eisweiher als Kern des neuen Bürgerparks werden zu einem See, ausgestattet mit einem Bürgersteg, hoher Aufenthaltsqualität und sensiblen Eingriffen in den Naturraum. Im Stadtwall soll es Bürgergärten geben mit Sitzbänken, Stauden,- Kräuter- und Gewürzpflanzen, Nebelstangen und der Kneippanlage. Der Spielplatz „Zaubergarten“ soll neugestaltet werden. Die Parkanlagen werden durch grüne Wegeachsen miteinander und mit den angrenzenden Stadträumen verwoben. (ma)
Die Planungen im Einzelnen:
Stadtwall
Der denkmalgeschützte Stadtwall wird durch behutsame Interventionen belebt. Der mit wertvollen Bestandsbäumen gesäumte Rundweg bildet das Rückgrat der Wallanlage. Zwischen den Altbäumen werden hier und dort kleine Sitzplateaus angeordnet. An den Eingangsbereichen wird das Wegesystem partiell arrondiert. Entlang der Stadtmauer werden öffentliche Bürgergärten angelegt. Die robusten Stauden-, Kräuter- und Gewürzpflanzungen fungieren als attraktive Ruheplätze im Stadtzentrum und werten den Stadtwall auch ökologisch auf. Auch die vorhandenen Spielplätze erfahren eine Aufwertung. Der Spielplatz am ZOB wird, in Anlehnung an die historischen Bürgergärten, zu einem „Zaubergarten“ mit fantasievollen Spielblumen, Klettergräsern und Nebelstangen.
Bürgermeister-Stocker-Ring
Bei der Umgestaltung des Bürgermeister-Stocker-Rings wird darauf geachtet, auch die Belange der Fußgänger und der Radfahrer zu berücksichtigen. So werden die Kreuzungs- und Einmündungsbereiche durch Aufpflasterungen neugestaltet. Dadurch entstehen sichere Querungen für die Fußgänger und Radfahrer. Die Materialwechsel signalisieren den Autofahrern hier zudem eine höhere Aufmerksamkeit. Entlang des östlichen Bürgermeister-Stocker-Rings wird ein neuer Gehweg angeordnet. Er ermöglicht den Anwohnern in Zukunft einen sicheren Zugang zu ihren Grundstücken und verbessert die fußläufige Verbindung zu den neuen Uferparks.
Martin-Luther-Platz
Der Martin-Luther-Platz wird zu einem schattigen Quartiersplatz umgestaltet. Vielfältige Angebote, insbesondere auch für die Anwohner der benachbarten Seniorenanlage, schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität. Der kleine Stadtplatz fungiert dabei auch als Gelenk zwischen dem Stadtwall und der grünen Wegeachse „Am Mühlenried“, die zum neuen Auenpark führt.
Umfeld Stadthalle
Eine neue Stadtbibliothek, ein neues „Stadthaus“ und eine neue Stadthalle bilden zusammen ein Kulturquartier. Der multifunktionale mit Bäumen beschattete Stadtplatz verbindet als urbaner Brückenkopf die historische Altstadt mit der neuen Parklandschaft an der Paar. Zum Fluss hin wird das Geländeniveau auf die für den Hochwasserschutz erforderliche Höhe angehoben. Dadurch entsteht an der Paar eine exponierte Platzterrasse. Hier ist Raum für einen hochwassergeschützten Stadtbiergarten. In dem als Liegewiese gestalteten Hochwasserschutzdeich werden Sitzstufen integriert. Sie verbinden den Platz mit dem Flussufer.
Sportpark an der Paar
Von der Aichacher Straße bis zum Schleifmühlenweg erschließt ein großzügiger Uferweg den neuen Sportpark. An ihm lagern sich die vielfältigen Sport- und Spielinseln, wie eingroßer Skatepark, ein Multicourt, ein Tischtennisplatz, eine Calisthenicsanlage, ein Trampolinparcours und eine Boulderanlage an. Auf der anderen Paarseite ergänzt ein Beachvolleyballplatz das breite Angebot. Den größten Anziehungspunkt bildet jedocheine offene, sonnige Liegewiese, die sich sanft bis zum Flussufer neigt. Es entsteht, mitten in der Stadt, ein direkter Zugang zur Paar. Die Besucher können am „Stadtstrand“ das Element Wasser unmittelbar erleben.

Die Uferweg vermittelt durch seine Vor- und Rücksprünge zwischen den dezidiert öffentlichen „robusten“ Spiel- und Sportangeboten, die dem Paarufer zugewandt sind, und den Sportangeboten, die dem Schul- und Vereinssport zugewiesen sind. Eine Abtrennung dieser Anlagen durch Zäune ist zwar nicht gewünscht, kann jedoch, ohne das Parkkonzept in Frage zu stellen, nach der Gartenschau gut realisiert werden. Im Süden weitet sich der Uferpark zu landschaftlichen Wiesenflächen. Hier ordnet sich eine robuste Festwiese aus Schotterrasen ein. Sie dient als temporärer Festplatz bei Volksfesten und Open-Air-Veranstaltungen.
Auenpark
Ein Auenrundweg erschließt die unterschiedlichen Landschaftsräume in der Paar- und Weilachaue. Die reizvollen Facetten der Natur werden hier durch besondere Erlebnisorte betont. Ein Bürgersteg am Eisweiher ermöglicht den Aufenthalt direkt am Wasser. Im Wassergarten, am alten Mühlkanal, können die Besucher den Wasserlauf über große Trittsteine überqueren und an heißen Tagen auch im flachen Wasser planschen. Von Naturbeobachtungspavillons bieten sich schöne Blicke auf das Wiesenbiotop in der Weilachaue. Sie fungieren zugleich als Witterungs-schutz. Ein Aussichtsplateau ermöglicht den Besuchern einen Überblick über die Storchenhabitate entlang der Weilach.
Außerhalb der Schutzgebiete bieten Aufenthaltsbereiche den Anwohnern zusätzliche Angebote, wie eine Spiel- und Picknickwiese sowie einen Grillplatz unter schattigen Obstbäumen. Außerhalb der Schutzgebiete bieten robuste Aufenthaltsbereiche den Anwohnern zusätzliche Angebote, wie eine Spiel- und Picknickwiese sowie einen Grillplatz unter schattigen Obstbäumen.
Hochwasserschutzmaßnahmen
Die vom Wasserwirtschaftsamt geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen werden komplett in den Gartenschauentwurf integriert. Lediglich an zwei Stellen wird das Konzept leicht modifiziert, um die Hochwasserschutzbauten stadtverträglicher zu gestalten. So sollte die Schutzmauer östlich der Paar, zwischen Aichacher Straße und Festwiese etwas vom Flussufer abgerückt werden, um einen sicheren Zugang zum neuen Uferpark zu gewährleisten. Im Bereich der Stadtterrasse wird das Dammbauwerk (HQ 100) in einer Geländeerhöhung integriert. Flussseitig wird die „Dammböschung“ sanft als Liegewiese mit Sitzstufen gestaltet.
Das Urteil der Jury (Auszug)
Die Arbeit besticht durch ihre präzise Choreographie. Die gewählten Intensitäten erscheinen den jeweiligen Orten angemessen. Zugleich überzeugt der städtebauliche Kunstgriff, das ZOB-Areal mit dem multifunktionalen Fluss-Band des Sportparks visuell wie fußläufig zu verknüpfen. Gekonnt werden Solitäre wie die Dreifachturnhalle oder das Rasenspielfeld selbstverständlich in den Parkraum integriert. Selbst das versetzte Tribünenbauwerk könnte am ursprünglichen Standort den Sportpark um die Qualität eines überdachten Freiraums eventuell nachhaltiger erweitern. Der neue Stadthallenplatz ist am richtigen Ort sowie als Ensemble und Bindeglied gelungen. Auch das JUZ könnte diesen neuen Stadtbaustein in der Nähe zum Busbahnhof noch bereichern.
Die Intensität der vorgeschlagenen Bürgergärten ist im Sinne einer nachhaltigen Aktivierung dieses wertvollen Stadtraums einerseits begrüßenswert. Andererseits wäre für eine nachhaltige Umsetzung ein mit der Bevölkerung sowie dem Denkmalschutz abzustimmendes Betriebskonzept für diese schöne Aktivierungsidee auszuarbeiten und sensibel zu integrieren. Das „Flusssportband“ integriert schon in Planung befindliche Attraktionen wie den Skatepark, sollte aber mit Orten inkl. vegetativ beschatteten Aufenthaltsbereichen rhythmisiert werden.
Die freie Liegewiese als Gegenüber zum neuen Stadtbaustein wirkt als willkommene räumliche Ergänzung. Sozial wichtige Bestandsräume wie das Beachvolleyballfeld sind gekonnt integriert. Besonders erwähnenswert sind die sensiblen Erschließungswege, die Bürgerpark und FFH-Fläche gekonnt inszenieren, und gleichzeitig einzigartige wie ruhige Orte anbieten. Die Zugänglichkeit und Interpretation der vielfältigen Gewässer zeugt von einem gekonnten Umgang, der für verschiedenste Bevölkerungsgruppen und Altersstufen neue Erlebniswelten in bekannter Umgebung ermöglicht. (lgs)