Wenn das Zocken zum Beruf wird: Profi e-Sportler Timo Siep

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    Deutscher Meister 2022: Der FC Ingolstadt 04! Warum nicht? Wenn man aktuell auf die Virtual Bundesliga (VBL) blickt, ist das absolut möglich. Vier e-Sportler bilden beim FC Ingolstadt 04 die Mannschaft, die um den Club-Titel spielt: “TimoX”, “Eisvogel_7”,  “GG_Benni” und “xthomas_om” treten in der Division Süd-Ost der VBL an. Pro Spieltag sind drei Begegnungen angesetzt, einmal auf der Playstation, einmal auf der X-Box und ein Spiel im Doppel (zwei gegen zwei). Hinter “TimoX” steckt Timo Siep, der vom VfL Wolfsburg nach Ingolstadt gewechselt ist und her nun seine erste Saison als Schanzer bestreitet. Er ist mit zwei gewonnenen ESL Meisterschaften und seinem PS4 Vize-Weltmeistertitel von 2017 einer der erfolgreichsten Spieler Deutschlands: „Zocken gehört jeden Tag dazu,“ erklärt der 24-jährige Kölner, der von seinem Opa mit der Begeisterung für Computerspiele angesteckt wurde. Wir haben mit ihm über ein Leben als „Profi-Zocker“ gesprochen:

    Mit der Partie FC Ingolstadt 04 gegen die SpVgg Greuther Fürth hat die Saison begonnen. Im „analogen“ Fußball wäre das ein klassisches Derby, gibts sowas wie ein Derby beim e-Sport?
    Beim e-Sport gibt’s schon auch Derbys, die sind dann aber eher Spieler abhängig. Bei mir wäre das gegen Cihan von Hertha BESC, weil wir schon seit rund fünf Jahren immer wieder in großen Spielen gegeneinander antreten. Da entwickelt sich dann so etwas wie ein Derby. Aber für uns ist auch wichtig, ein städtisches Derby wie gegen Fürth zu gewinnen.

    Die Partien finden am Abend statt. Zockt es sich abends und nachts besser?
    In der Nacht zockt es sich auf jeden Fall besser! (lacht) Das kennt man ja noch aus der Kinderzeit. Um 12 Uhr gehen alle online, um noch eine Runde zu zocken. Das ist immer noch so. Es klingt komisch, aber die Atmosphäre nachts ist viel entspannter als am Tag, auch von den Lichtverhältnissen her. Aber ich kenne auch Leute, die bis zehn Uhr morgens spielen und dann schlafen. Das ist dann für das normale Leben eher semi optimal.

    Und als Profi macht man nichts anderes als zu zocken?
    Es gibt ja das Klischee, die e-Sportler sitzen nur im Keller, sehen kein Tageslicht und haben noch nie was von der Sonne gesehen oder gehört. Aber es gehört viel mehr dazu, auch was die körperliche Fitness anbelangt. Das wird oft unterschätzt. Ich mache seit drei, vier Monaten wieder aktiv Fitness und merke an mir selber, dass ich viel leistungsfähiger bin als in der Corona-Zeit, wo ich nichts machen konnte. Da war ich schneller gereizt und schneller kaputt.

    V.l.: Thomas Ostermaier, “Eisvogel”, “TimoX”, & Benni Heider (vl.n.r.) sind bereit und wollen mit Schanzer eSports angreifen! (Fotos: FC Ingolstadt 04)

    Es kommt jedes Jahr ein neues Spiel raus. Musste man sich jetzt da an FIFA 22 gewöhnen?
    Ja. Die Schusspositionen sind jedesmal anders, Flanken verhalten sich anders, das ist schon komplett unterschiedlich. Da muss man am Anfang viel Zeit investieren, um das zu lernen. In den ersten Tagen sind das schon zehn, elf, zwölf Stunden. Man wacht auf, zockt die ganze Zeit, hat vielleicht noch einen Toast gegessen und ein kleines Mittagessen, aber das sind fünf, sechs, sieben Tage, bis man das wieder etwas runter schraubt, um wieder das normale Leben in Angriff zu nehmen.

    Gibts da auch Neuerungen, die einen einfach nur nerven?
    In FIFA 18 gab es einen Schuss, bei dem man zweimal hintereinander ganz schnell die Schusstaste betätigt hat und dann ging der Schuss immer rein. Bei FIFA 19 konnte man mit der Kombination kein Tor mehr machen, weil der Schuss vorbei ging. Man macht 300 Tage am Stück diesen Schuss und von einem auf den anderen Tag funktioniert der nicht mehr.

    Wer sich schnell umstellen kann, ist im Vorteil. Was macht denn einen guten e-Sportler aus?
    Diese Anpassungsfähigkeit ist mit das Wichtigste. Es geht darum, sich jedes Jahr neu zu beweisen. Bei mir ging das mit FIFA 15 los. Da habe ich eine Meisterschaft gewonnen, aber das war mir nicht genug. Ich wollte zeigen, dass ich es auch in dem Teil danach kann. Dann bin ich in FIFA 16 wieder Meister gewonnen und war bei FIFA 17 im Finale. Ich habe jedes Jahr meine Leistung bestätigt und das ist das, worauf man hin arbeitet.

    Ist man als e-Sportler ein Taktikfuchs? Könntest Du den Profis auf dem Rasen sagen, wie sie spielen sollten?
    Ich glaube eher nicht, dass ich ihnen etwas Neues mitgeben könnte. Vielleicht hätte ich einen Tipp, der helfen kann. Aber ich hab vermutlich auch 50 Tipps, die nichts bringen.

    Aber analoge und digitale Sportler treffen manchmal aufeinander. Und die Rasensportler zocken ja auch ganz ordentlich, oder?
    Dadurch, dass das Spiel so krass realistisch ist, sind die teilweise sehr gut. Ich habe schon gegen einige Fußballer gespielt und muss es zugeben, dass ich schon das ein oder andere Spiel verloren habe. Man merkt, wie sie dieses taktische Verständnis vom Fußball auf FIFA übertragen können, vor allem, wenn es um das Verteidigen geht.

    Zwei Profis beim Zocken: Stefan Kutschke, Kapitän des „Rasenprofiteams“ spielte in der Schreinerei von FC Vorstandsmitglied Andreas Mayr gegen TimoX (der FIFA Profi hat knapp gewonnen). Foto: FC Ingolstadt 04

    Wie wird man denn e-Sport Profi? Kann man sich bewerben, wird man gescoutet?
    Eine Bewerbung funktioniert eher nicht, aber Scouting ist schon ein Thema. Es gibt mittlerweile viele Agenturen und auch Vereine, die immer auf der Suche nach Nachwuchs sind. Die Vereine sind interessiert daran, ihre Top Spieler mit entwickeln zu können. Deswegen gibt es auch im Spiel verschiedene Möglichkeiten wie Division Rivals, das ist ein Spielmodus mit einem Ranking, in dem man sich in eine gewisse Liga vorspielen muss. Man muss schon ein gewisses Talent und Spielverständnis haben, um dahin zu kommen. Aber wenn man sich da beweist, könnte jeder Manager über in den angezeigten Top 200 nach Spielern suchen. Wenn man als Free Agent, also ohne Vertrag, in der Top 50 ist, ist das eine super Leistung und man hat gute Chancen, dass man da eine Nachricht rein geschoben bekommt. Bei mir gab´s das damals noch nicht so. Ich habe Turniere gespielt, für die man sich auch erst qualifizieren musste. Durch meinen deutschen Meistertitel kamen die ersten Anfragen, ich wurde nochmal deutscher Meister, es kamen bessere Anfragen und 2017 war ich zweimal Vize-Weltmeister, wodurch ich einen Profi-Vertrag bekommen habe. Das war alles während der Schulzeit, in der ich dann auch mein Fachabitur gemacht habe.

    Ich kann mir vorstellen, die Eltern waren da nicht so begeistert?
    Meine Eltern haben die Konsole in meinem Zimmer nicht so gerne gesehen. Das ist auch komplett verständlich. Meine Eltern waren immer skeptisch, was FIFA angeht. Irgendwann kam ich mit einem Riesen-Pokal als Deutscher Meister nach Hause und habe den auf den Tisch gestellt. Da meinte mein Vater: Was ist das denn? Als ich ihm erzählt habe, dass ich Deutscher Meister geworden bin, hat er gleich Fotos vom Pokal gemacht und der ganzen Familie geschickt. Das war cool und ab dem Moment haben meine Eltern gemerkt, dass man da was erreichen kann. Ich nehme ihnen das auch gar nicht übel, dass sie erst nichts damit anfangen konnten. Sie kamen manchmal um 23 Uhr in mein Zimmer, wo ich noch ein Turnier spielen musste, obwohl ich am nächsten Tag Schule hatte. Dann hieß es: Timo, geh mal schlafen. Ich hab die Tür zu gemacht, aber schnell noch das Finale gespielt.

    Sind Profi e-Sportler gefragte Werbeträger?
    Es ist schon sehr attraktiv für die Sponsoren, weil die e-Sportler ihre Fans auch wirklich erreichen. Durch die sozialen Medien sind sie immer mit dabei und haben eine feste Bindung. Ich habe heute zum Beispiel gerade eine Story von meinem Rührei-Frühstück gemacht. Und natürlich kennt man auch seine treuesten Fans, die als erstes kommentieren oder auch gratulieren. Dabei gibt es kaum Negativität, denn in der Fanszene gibt es nur Leute, die sich wirklich für den e-Sport interessieren. Es ist an sich eine geschlossene, sehr ruhige Community. Und wenn ich auf die FIFA Spieler schaue, dann verstehen die sich untereinander extrem gut. Jeder hatte diesen Fußball-Hintergund und hat mal selbst gespielt. Das ist eine coole, runde Geschichte.

    Was würdest Du jungen Leuten raten, die auch eine Karriere als e-Sportler anstreben?
    Das allerwichtigste ist, die Schule zu beenden. Ich hab mich da auch schwer getan, wenn ich zum Beispiel freitags noch eine Klausur geschrieben habe und erst danach zum Turnier reisen konnte. Aber Schule geht über alles, da sind auch die Eltern in der Pflicht. Ansonsten kann ich nur jedem den Tipp geben, es einfach zu versuchen und sich über die Rangliste in den Fokus zu spielen. (ma)

    Kurz notiert:
    TimoX
    Timo Siep
    Instagram: @timoo3108
    Twitter: @Timox08
    www.twitch.tv/timox_fifa
    www.youtube.com/c/TimoX

    Schanzer eSports
    twitter.com/SchanzerEsports
    instagram.com/schanzer_esports/
    twitch.tv/schanzer_esports

    bevestor Virtual Bundesliga
    Ergebnisse, Tabellen, Spielplan und Live-Übertragungen:
    virtual.bundesliga.com/de

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