Hahn trifft Fuchs. Und daraus erblüht Sehenswertes. So geschehen im Deutschen Medizinhistorischen Museum in Ingolstadt. Hier hat sich die Ausstellungskuratorin und wissenschaftliche Volontärin Daniela Hahn mit Leonhart Fuchs, einem der „Väter der Botanik“ auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist ein ganzer Sommer mit eben jenem Leonhart Fuchs (geboren 1501 in Wemding – gestorben 1566 in Tübingen), der an der bayerischen Landesuniversität in Ingolstadt zunächst Medizin studiert hat und später auch an der Medizinischen Fakultät unterrichtete. Das Pflanzenstudium gehörte damals zur Ausbildung der Mediziner dazu, weshalb sich Fuchs auch intensiv den Arzneipflanzen widmete.
„Die Fuchsie wurde nach ihm benannt und damit sind wir wieder ganz eng bei der Medizin“, erklärt Daniela Hahn. Deswegen sind im Arzneipflanzengarten des Museums auch 62 verschiedene Fuchsien-Arten „zugelassen“, obwohl sie keinerlei medizinischen Nutzen haben. Fuchsiengärtnerin Rosi Friedl aus Markt Indersdorf hat die Auswahl für das Museum getroffen, die Pflanzen geliefert (die vom Gartenamt Ingolstadt „betreut“ werden) und die Expertin wird auch selbst immer wieder anwesend sein, um ihr Wissen beispielsweise im Rahmen eines Fuchsienmarkts (erster Termin am 3. Juli) weiterzugeben. „Wir wollten ursprünglich nur diesen Fuchsien-Hain einrichten und plötzlich ist ein ganzes Sommerprogramm draus geworden“, freut sich Daniela Hahn. Gartenführungen, Vorträge und Aktionen für Kinder, die beispielsweise ein eigenes Herbarium basteln können, stehen auf der Agenda.
Bei all den Aktionen wird natürlich viel Wissenswertes über die Fuchsie vermittelt, die erstmals 1703 in einer Abbildung in Europa auftaucht. Eigentlich ist die Pflanze, die inzwischen so viele Gärten bei uns bevölkert, in Mittel- und Südamerika, der Karibik und auch in Neuseeland oder Tahiti zu finden. Der französische Pater Charles Plumier hatte sie als erster auf dem Gebiet der heutigen Dominikanischen Republik gezeichnet und sie nach Leonhart Fuchs benannt. Der bekam davon freilich nichts mit, war er doch bereits fast 150 Jahre tot. Mit der „Fuchsia“ wurde ihm allerdings ein Denkmal gesetzt, das bis heute Pflanzenfreunde und Züchter in Verzückung versetzt: „Es gibt 12 000 Hybridformen. Die Begeisterung für Fuchsien hat teilweise schon im frühen 19. Jahrhundert eingesetzt. Schon in Gelehrtenjournalen und den ersten Gartenzeitungen wurde sich ausgetauscht, was man mit was kreuzen könnte oder was man für besonders bauschige oder schlanke Blüten machen muss,“ so Daniela Hahn. Eine kleine Auswahl dieser Zuchtergebnisse blüht also nun im Garten der Alten Anatomie. Von einem klassischen Hain mussten die Ausstellungsorganisatoren allerdings Anstand nehmen: „Wir mussten sie an die Seite stellen, denn wenn hier die Sonne auch noch auf den Kies knallt, dann mögen die Pflanzen das gar nicht. Wir haben sie an die Hainbuchhecke gestellt, vorne hält der Lavendel die Wurzelballen im Schatten und wir haben die `Füße` mit Efeu beschattet.“
Freier Eintritt ins Fuchs-Kabinett
Der Sonderausstellungsraum des DMMI ist zum einen als „Aktionsfläche“ für Workshops konzipiert, im Eingangsbereich finden Besucher und Besucherinnen aber das Buch, das Leonhart Fuchs berühmt machte: Ein uncoloriertes Exemplar des „New Kreüterbuch“ aus dem Jahr 1543 ist aus dem Depot des Museums nun zwischenzeitlich in das „Fuchs-Kabinett“, das bei freiem Eintritt besichtigt werden kann, gewandert (ein weiteres, coloriertes Exemplar ist aktuell im Stadtmuseum Ingolstadt in der Ausstellung “Stadt und Student” ausgestellt). Hier werden hunderte Kräuter beschrieben – nach Aussehen und Wirkung. Leonhart Fuchs wollte damit Wissen vermitteln und allgemein zugänglich machen, aber keine Anleitung zur Do-it-Yourself Tinktur liefern: „Kräuterwissen macht keinen Arzt. Das steht in seinem Vorwort. Er wollte die Leute nicht auf die Idee bringen, selbst Kräuter zu ziehen und sich selbst zu therapieren.“ Die Vollendung des Kräuterbuchs erfolgte nicht Ingolstadt, sondern in Tübingen. Dort ließ sich Fuchs zuletzt nieder, weil er als Protestant im katholischen Ingolstadt keine Zukunft hatte. Nun im Jahr 2022 feiert die Stadt ihre Universitätsgeschichte und würdigt auch den Mediziner und Botaniker, nachdem eine Lieblingspflanze der Deutschen benannt ist.
Ein Sommer mit Leonhart Fuchs
Deutsches Medizinhistorisches Museum Ingolstadt
Fuchsien-Hain bis 17.7. im Arzneipflanzengarten
Führungen, Workshops, Vorträge
Das Programm finden Sie online unter:
https://www.dmm-ingolstadt.de/aktuell/2022-sommer-mit-leonhart-fuchs/fuchsien-hain.html