20 Jahre Weltkulturerbe Obergermanisch-Raetischer Limes

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    Er verläuft mitten durch den Naturpark Altmühltal. An mancher Stelle ist er kaum noch zu erahnen, anderenorts sind wiedererrichtete Türme oder Mauern ein unübersehbares Zeichen für den Limes. Genauer: den Obergermanisch-Raetischen Limes. Er ist das längste Bodendenkmal Europas und seit 20 Jahren gehören seine Überreste zum UNESCO-Welterbe „Grenzen des römischen Reiches“. Ein absoluter Limes-Fachmann ist der Archäologe Simon Sulk, der seit diesem Jahr die Museen in Weißenburg leitet.

    Herr Sulk, was versteht man unter dem Obergermanisch-Raetischen Limes? Ist Limes nicht gleich Limes?
    Limes bedeutet zunächst nichts anderes als Grenze oder Schneise. Das gesamte Römische Reich besaß etwa 7500 Kilometer Außengrenze (ja nach Zeitstellung und Grenzverlauf). Ein Abschnitt davon ist der Obergermanisch-Raetische Limes, abgekürzt ORL, der in den beiden heute in Deutschland gelegenen Provinzen Obergermanien und Raetien liegt. Er verläuft vom Rhein bei Koblenz bis an die Donau, insgesamt 550 km durch die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Die Ausgestaltung dieser Grenze war nicht in allen Gebieten gleich, auch der Bau startete unterschiedlich. In Obergermanien war das um ca. 90-100 n. Chr., in Raetien etwas später, in manchen Gebieten auch erst Mitte des 2. Jahrhunderts. In Obergermanien (Germania Superior) baute man zunächst eine Palisade, später dann eine Wall-Grabenanlage aus Erde. In Raetien folgte der Palisade eine steinerne Mauer. An beiden Strecken standen Wachttürme, jeweils im Sichtkontakt untereinander. Zunächst aus Holz wurden sie in beiden Provinzen später durch Steintürme ersetzt.

    Welche herausragenden Denkmäler oder Orte im Limes-Verlauf sollte man auf jeden Fall besuchen?

    Der Archäologe Simon Sulk ist Leiter der Museen Weißenburg (Foto: Zöllich)

    Der bekannteste Ort am Obergermanisch-Raetischen ist die Saalburg in Hessen, die 1897 bis 1907 unter Kaiser Wilhelm II. rekonstruiert wurde und heute das bekannteste Limes-Museum beherbergt. In Bayern ist Weißenburg der für die Vermittlung wichtigste Ort mit dem RömerMuseum und dem Bayerischen Limes-Informationszentrum. Im RömerMuseum ist auch der einmalige Weißenburger Römerschatz ausgestellt, dessen Auffindung die Archäologische Staatssammlung 1983 dazu bewog, das RömerMuseum als Zweigmuseum einzurichten.

    Im Gelände ist der Limes auf dem Pfahlbuck bei Kipfenberg sehr gut erhalten. Bei Burgsalach findet sich eine bislang einmalige Anlage, die entweder ein Kleinkastell oder eine Raststation war. Auch oberhalb von Pfünz ist ein Teil des dortigen Kastells nachgebaut worden. Auch in Weißenburg wurde ein Teil der Umwehrung mit dem nördlichen Tor nachgebaut. Im Römerpark Ruffenhofen lockt nicht nur das LIMESEUM Besucher an, auch der Römerpark mit dem Kastell, das durch Bepflanzung sichtbar gemacht wurde.

     

    Wo kann man sich über den Limes und die römische Geschichte hier bei uns informieren?
    Auf jeden Fall in Weißenburg im RömerMuseum mit seinem Limes-Informationszentrum. Und nicht nur sehenswert, sondern sehr informativ sind das Kastellgelände Biriciana und die römischen Thermen, die einmalig in Süddeutschland bezüglich Größe und Erhaltung sind. Auf der Willibaldsburg in Eichstätt befinden sich Funde vom Kastell Pfünz, Kipfenberg hat das Römer und Bajuwaren Museum und Ruffenhofen Museum und Römerpark.

    Was hat die Aufnahme in das UNESCO-Welterbe bewirkt?
    Schutz durch Sichtbarkeit! Gesetzlich ist der Limes schon so gut geschützt, wie es nur geht, etwa durch das Bayerische Denkmalschutzgesetz. Öffentlichkeit schafft aber auch mehr Schutz beziehungsweise Achtsamkeit. Der Limes ist dadurch stärker im Bewusstsein der Menschen verankert und das regional, aber auch darüber hinaus. Noch immer liegt eine Gefährdung durch die Landwirtschaft, etwas durch tiefes Pflügen und Ackern oder den Einsatz von Düngemitteln, aber auch durch Bauvorhaben vor. Auch Raubgräber beziehungsweise illegale Sondengänger gefährden das Bodendenkmal. Für die touristische Destination ist der Begriff UNESCO natürlich viel Wert, weil er Qualität vermittelt. Die Ausbildung der Gästeführer wird von der Deutschen Limeskommission zertifiziert und liefert einen hohen Standard.

    Wie ist aus Ihrer Sicht das Bewusstsein für dieses historische Erbe in der Bevölkerung? Gibt es eine “Römer-Fan-Kultur” z.B. durch Reenactment Gruppen o.ä.?
    Das Bewusstsein ist geteilt. Manche Menschen haben Probleme mit Bodendenkmälern – und da ist nicht nur dem Limes gemeint – aufgrund der strengeren Regelungen, was zum Beispiel den Bau angeht. Andere sind sehr geschichtsinteressiert, besuchen Museen, Römerfeste oder machen Limes Wanderungen oder Radtouren. Reenactment hat in der Vergangenheit stark zugenommen. Erfreulich ist, dass hier immer mehr darauf Wert gelegt wird, die dargestellten Epochen historisch korrekt abzubilden und sich die passende Ausrüstung zuzulegen. Schließlich waren die Römer rund um die Donau gut 200 Jahre lang aktiv, südlich davon sogar noch länger. Auch bei den Römern ändert sich in der Zeit viel, was Ausrüstung, Kleidung und Bewaffnung angeht.

    Und es waren ja nicht nur Soldaten, die hier lebten…
    Ja, der zivile Aspekt ist mir da wichtig und sollte unbedingt erwähnt werden. Am Limes sind rund 10.000 Soldaten stationiert, wobei es sich nicht um Legionäre handelte, sondern Auxiliare. Dem gegenüberstehen aber mindestens drei Mal so viele Zivilisten, also Männer, Frauen und Kinder. Die wurden in der Vergangenheit viel zu häufig vergessen oder nicht beachtet. Knapp 20 Kastellen, zu denen jeweils eine Zivilsiedlung gehörte, stehen weitere Dörfer und hunderte Gutshöfe entgegen.

    Wanderer am Römerkastell bei Pfünz (Foto: Dietmar Denger)

    Ob in Weißenburg, Bad Gögging, Gunzenhausen oder in einem der anderen Römerorte: Im gesamten Naturpark Altmühltal stehen dieses Jahr 20 Jahre Weltkulturerbe Obergermanisch-Raetischer Limes im Mittelpunkt. In Bad Gögging erkunden Neugierige etwa am Internationalen Museumstag (18. Mai 2025) und am UNESCO-Welterbetag (1. Juni 2025) die Überreste des ältesten römischen Heilbades Bayerns bei kostenlosen Führungen im Römische Museum für Kur- und Badewesen oder tauchen am Kohortenkastell Abusina in die Vergangenheit ein. Ebenfalls am UNESCO-Welterbetag geht es in Kelheim bei einem archäologisch-naturkundlichen Entdeckungsrundgang auf dem Frauenberg um „Donau, Dohlen und Delphine“, außerdem basteln Kinder hier am Nachmittag römische Mosaike im Archäologischen Museum. In Gunzenhausen heißt es dagegen „An die Ruder!“: Geschichtsfans befahren im Rahmen eines Aktionstages den Altmühlsee mit einem nachgebauten römischen Patrouillenboot und üben sich im Schießen. Für Kinder ist ebenfalls etwas geboten, außerdem gibt es zwischendurch eine Stärkung – auf römische oder fränkische Art. Ein weiterer Termin für die römische Bootsfahrt ist der Tag des offenen Denkmals (14. September 2025).

    Wanderer am Limesturm in Erkertshofen (Foto: Dietmar Denger / Naturpark Altmühltal)

    Am 18. Juli 2025 wird rund um den Römerturm im Tittinger Ortsteil Erkertshofen gefeiert: Hier können sich die Gäste im Bogenschießen messen und werden mit Spezialitäten aus dem römischen Backofen verköstigt. Gleich am nächsten Tag, dem 19. Juli 2025, halten römische Reiter auf dem Kastell Vetoniana in Pfünz Einzug. Diese Truppe setzt ihren Weg am 20. Juli 2025 zur Burg Kipfenberg fort. Von Denkendorf her marschieren zudem römische Truppen ein. Vor Ort in Kipfenberg erfahren Gäste viel über Ausrüstung und Alltag der Reiter und Fußsoldaten, sie werden auf römische Art bewirtet und können natürlich auch einen Blick ins Römer und Bajuwaren Museum werfen.

    “Kleine Römer” im Römer und Bajuwarenmuseum Kipfenberg (Foto: Dietmar Denger)

    Wer selbst einmal zum Römer werden möchte, merkt sich am besten den 2. und 3. August 2025 vor: Unter dem Motto „Römer auf Zeit“ bietet das Römer und Bajuwaren Museum Burg Kipfenberg Familien die Gelegenheit zu einem Abenteuer im Römerlager. Die Teilnehmenden schlafen im Römerzelt, kochen am Feuer, machen „Patrouillengänge“ am Limes und erleben noch einiges mehr. Vom 14. bis 17. August 2025 feiert Kipfenberg das Limesfest mit historischem Festzug, bei dem unter anderem römische Soldaten aufmarschieren.

    Römische Thermen in Weißenburg (Foto: Dietmar Denger)

    Neben großen Aktionstagen lassen immer wieder erlebnisreiche Führungen die römische Epoche lebendig werden. In Weißenburg tauchen die Teilnehmenden mit Livia in römische Wellness-Welten ein und lauschen dem „BadeGeflüster“ in den Thermen (12. April, 10. Mai, 21. Juni, 12. Juli, 16. August und 13. September 2025) oder erleben „RömerVisionen“ mit Lucius und Mania im RömerMuseum (13. April, 11. Mai, 22. Juni, 13. Juli, 17. August und 14. September 2025). In Bad Gögging warten „Römer, Rettich und Randale“ (4. Mai, 29. Juni, 20. Juli, 17. August, 14. September und 5. Oktober 2025), in Kipfenberg geht es bei der „Roter-Rucksack-Tour – Auf den Spuren der Römer“ mit Museumsleiterin Claudia Stougard und „Britannicus Barbaricus“ an den Limes. Dazu kommen Führungen am Kastell Vetoniana in Pfünz (11. Mai und 14. September 2025), durch die „Villa rustica“ in Möckenlohe (13. April und 10. August 2025) oder durch das RömerMuseum und die Römischen Thermen in Weißenburg (regelmäßig von März bis Oktober). Außerdem sind viele Angebote für Gruppen buchbar. (bym/ma)

    Informationszentrum Naturpark Altmühltal
    Notre Dame 1, 85072 Eichstätt
    naturpark-altmuehltal.de/unesco-welterbe-limes

    Bayerisches Limes-Informationszentrum
    Doktor-Martin-Luther-Platz 3-5, 91781 Weißenburg
    museen-weissenburg.de

    Infopoint Limes
    Römer und Bajuwaren Museum
    85110 Kipfenberg
    bajuwaren-kipfenberg.de

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