Stille. Und dann großer Applaus. Im Barocksaal des Ingolstädter Stadtmuseums ist soeben die Dokumentationsreihe „4471 Tage – Ingolstadt im Dritten Reich“ gezeigt worden. Einfühlsam, ehrlich, erschütternd und einfach wichtig ist dieses Werk, das von der AV Mediagroup GmbH in Zusammenarbeit mit der Schanzer.TV GmbH produziert wurde. Idee, Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt und Co. gehen auf das Konto von Florian Schiekofer. „Die Idee ist tatsächlich schon im ersten Lockdown während Covid entstanden,“ erzählt der Ingolstädter Filmprofi. Zu dieser Zeit war das Vorgängerprojekt „Im Maschinenraum des Krieges“, das sich mit dem 1. Weltkrieg in Ingolstadt befasst, noch nicht einmal veröffentlich. Der eigentliche Motivationsschub, nun das Thema des Dritten Reichs anzupacken, setzte ein, als Schiekofer mit eben diesem „Maschinenraum“ den zweiten Preis beim Regionalen Filmabend in Ingolstadt gewonnen hatte. Im August 2022 legte er – parallel zum Job – schließlich los, die letzte Einstellung konnte im April 2025 während der Gedenkveranstaltung zum Bombenabwurf auf die Ingolstädter Innenstadt gedreht werden – nur wenige Wochen vor der Filmpremiere.

Grundlage der Doku-Reihe, die sich mit den 4471 Tagen von der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 bis zur Befreiung der Stadt Ingolstadt am 14. August 1945 befasst, sind Zeitzeugen-Interviews, die der Ingolstädter Hans Fegert im Jahr 1989 geführt hat. Florian Schiekofer hat die Tondokumente aufgearbeitet, Spielszenen und Grafiken dazu entwickelt, historische Dokumente und Aufnahmen dazu gefügt und Interviews mit zehn Expertinnen und Experten und dreizehn Zeitzeugen geführt. So werden z.B. die Audioaufzeichnungen von Frieda Schönhuber durch ein Gespräch mit ihre Sohn Paul ergänzt.

Für den Filmemacher waren zahlreiche besondere Momente dabei, etwa als er mit Karl Mattern sprach. Dieser erlebte die Zerstörung der Augustinerkirche nur wenige Meter entfernt, im Keller einer Wirtschaft in der Mauthstraße. „Man konnte förmlich spüren, wie diese Erinnerungen plötzlich wieder in ihm aufstiegen. Mit bewegter Stimme sagte er: Mein Onkel Max hat mich gehalten, ich hab geschrien vor lauter Angst,“ erzählt Schiekofer. „Ich erinnere mich auch noch an den Schnitt des Interviews mit dem Auschwitz Überlebenden Robert E. Ich habe ungefähr eine Woche gebraucht, bis ich es fertig hatte. Nach dieser Woche war ich fix und fertig.“ Unterstützt wurde das Filmprojekt, das in enger Kooperation mit der Projektgruppe „Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt” entstand, von der Stadt Ingolstadt, dem Historischen Verein und der Firma Gebrüder Peters.
„Gerade, weil man sich das heute nicht mehr vorstellen kann, finde ich es so wichtig, dieses Thema an diejenigen zu transportieren, die es sich nicht mehr vorstellen können,“ erklärt Florian Schiekofer. Bei dieser wichtigen Transportaufgabe können alle behilflich sein. (ma)
Filmvorführungen in der Volkshochschule in Ingolstadt:
4471 Tage – Ingolstadt im Dritten Reich (140 Min., FSK 12)
Die neue Doku-Serie von Florian Schiekofer mit Einführung
Fr. 13.06.2025, 18.00 Uhr | Kursnummer: AU21-026A
Di. 24.06.2025, 18.00 Uhr | Kursnummer: AU21-027
Informationen und die Anmeldung unter www.vhs-in-ei.de
Kino Open Air im Turm Baur
Alle Folgen von „4471 Tage“ werden am 14. August im Open Air Kino im Turm Baur in Ingolstadt gezeigt. Dazu werden auch Florian Schiekofer und Gäste erwartet. Tickets gibt es unter www.freilichtkino-turm-baur.de.