Platz nehmen, die Lupe zur Hand nehmen und (stundenlang) staunen. Diese Vorgehensweise ist im Römer und Bajuwaren Museum in Kipfenberg an der Tagesordnung. Der Auslöser: Die detailverliebten Zinnfigurendioramen von Clemens Nißl. Unter dem Titel „Große, kleine Römerwelt“ sind Szenen aus der Antike zu sehen, wie sie sich so hierzulande zugetragen haben könnten – vom Straßenbau nach Nassenfels über eine Marktszene bis hin zum Ansturm der Alamannen auf das Kastell in Pfünz. Neben sachlichen Infotexten, die etwa die dargestellten Legionäre und ihre Aufgaben beschreiben und lateinische Wörter erklären, finden sich an den Dioramen auch einzelne Kapitel einer humorvollen Geschichte von Juliane Schwartz und Jessica Weppler. Hier begegnet man zum Beispiel dem jungen Adeligen Tiberius Claudius Rufus, einem gelangweilten Priester namens Flaminius oder Tullia, der Hausherrin einer Villa rustica im Altmühltal. Der – bereits verstorbene – Obereichstätter Künstler Clemens Nißl (geboren in Gerolfing) hat die Dioramen über Jahrzehnte angefertigt und dabei immer auf historische Korrektheit geachtet. Das betonte auch der wissenschaftliche Leiter des Museums, Dr. Karl Heinz Rieder in seiner Rede, bei der er von seinen ganz persönlichen Begegnungen mit Clemens Nißl berichtete. Die Ausstellung bezeichnete er als „famos gelungen“.
„Man kann stundenlang davor sitzen und entdeckt immer etwas Neues“, schwärmt Museumsleiterin Claudia Stougard. Zum Beispiel den kleinen Altmühlhafen, an dem gerade Versorgungsschiffe anlegen oder eine Hühnerschau im Tempel bei Kastell Böhming. Dabei können die Museumsgäste auch selbst in die Welt der Römer abtauchen. Es stehen Kleidung, Rüstungsteile, Waffen, Vermessungsinstrumente und mehr zur Verfügung, um sich entsprechend in Szene zu setzen. Großformatige, begehbare Bilder (umgesetzt vom Fotostudio Hetzer aus Obereichstätt) bilden jeweils den passenden Hintergrund für wunderbar Instagram taugliche Fotos. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Badeszene?
25 Jahre Römer und Bajuwaren Museum
„Die Gesichte ist ein wertvolles Erbe, das es zu beschützen gilt,“ erklärte Kipfenbergs Erster Bürgermeister Christian Wagner bei der Ausstellungseröffnung. Seit 25 Jahren hat auch das Römer und Bajuwaren Museum in diese Mission. Zum Jubiläum sind Bilder, Zeitungsartikel, Filme und Objekte zu sehen, die einen Rückblick auf ein ereignis- und ausstellungsreiches Vierteljahrhundert erlauben. Dieses Jubiläum war auch der Anlass, die „großen, kleinen Römer“ von Clemens Nißl erneut auszustellen, denn sie waren 2007 schon einmal zu Gast. Inzwischen sind die Dioramen auch über einen kostenlosen Dauerleihgabevertrag in die Obhut des Marktes Kipfenberg gewandert. „Wir sind froh, dass sie in Ehren gehalten werden und die Sammlung beieinander bleibt,“ erklärte Eva-Maria Forster, die Tochter von Clemens Nißl. Und ihre Schwester Regina Nißl betonte, wie wichtig es sei, dass die Dioramen auch gesehen würden: „Das sollte ja nicht nur bei uns auf dem Speicher stehen. Über Dr. Rieder kam schließlich die Idee, die Sammlung dorthin zu geben, wo sie zusammen bleibt und immer wieder verschiedene Themen ausgestellt werden können.“
In den LimesGemeinden gibt es unterdessen Pläne, zusammen mit dem Freistaat Bayern das Museum aufzuwerten. Es soll Eingangstor für den obergermanisch-raetischen Limes werden: „Wir haben von Nigel Mills von Minerva Heritage, die ja Koryphäen auf dem Gebiet der Darstellung und der Vermarktung des Welterbes Hadrianswall sind, ein entsprechendes Konzept entwickeln lassen“, so Christian Wagner. Mit 25 Jahren ist das Römer und Bajuwaren Museum schließlich im besten Alter, um in ein neues Zeitalter durchzustarten. (ma)
Kurz notiert:
Große, kleine Römerwelt
bis 29. Dezember 2024
Römer und Bajuwaren Museum
& Infopoint Limes
Burg Kipfenberg
Burg 1, 85110 Kipfenberg
Tel.: 08465 905707
www.bajuwaren-kipfenberg.de
Instagram: roemerundbajuwarenmuseum
Facebook: roemerundbajuwarenmuseum.de