Wer schon einmal umgezogen ist, der kennt das. Es ist eine Bestandsaufnahme nötig, um zu entscheiden, was mit darf und was nicht. So ähnlich muss man sich das auch im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt vorstellen. Hier steht der Umzug in das neue Museum (MKKD) im Quartier G – Alte Gießerei an und das Museumsteam um Leiterin Dr. Theres Rohde vor der Entscheidung, welches Werk dort nun einen Platz bekommt. Keine leichte Aufgabe bei 15 000 (!) Objekten in der Sammlung von Museum und Stiftung, aber rund 250 Werke werden derzeit für die Eröffnungsausstellung vorbereitet.

Deshalb schlägt jetzt die große Stunde der Restauratorinnen und Restauratoren. Sie sind eigentlich immer im Einsatz, aber anlässlich des Umzugs wird ihre Arbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Und dieser überaus spannende (und kostenlose!) Blick hinter die Kulissen hat zusätzlich eine neue Sonderausstellung „verursacht“, obwohl man ja – schon wieder – gar keine Ausstellung mehr in den alten Räumlichkeiten in der Tränktorstraße machen wollte. Aber Ideen sind hier nur schwer zu zügeln und so wird im Erdgeschoss im offenen Labor „live“ präpariert, im ersten Stock werden Werke umzugsfertig gemacht und der zweite Stock gehört der Sonderschau, die zentrale Fragen der Konservierung und Restaurierung beleuchtet. Sie will außerdem sensibilisieren: „Wir hatten in den letzten Ausstellungen vermehrt Schäden,“ betonen Dr. Theres Rohde und Kurator Dr. Mathias Listl. Deshalb wird diesmal auch ein Knigge in die Schau integriert.
„Polyurethan ist einer der schlimmsten Kunststoffe!“
Was machen die da so im Museum, wenn gar nicht geöffnet ist? Wie wird die Kunst gelagert, transportiert? Wann wird restauriert, wann nicht? Was ist der Unterschied zwischen Konservieren und Restaurieren? Antworten auf diese Fragen gibt beispielsweise Julia Steves, Diplom-Restauratorin am Museum für Konkrete Kunst. Ihr kann man jeden Mittwoch im offenen Labor über die Schulter schauen, etwa wenn ein Gemälde unter die Lupe genommen wird, dessen Beschädigung der Vorbesitzer offensichtlich mit Edding „restauriert“ hat. Im besten Fall müssen Gemälde nur gereinigt werden: „Allein das macht schon einen Riesenunterschied. Die Farbbrillanz ist gerade in der Konkreten Kunst sehr wichtig,“ erklärt Theres Rohde. Eine der größten Herausforderungen aber ist ein anderes Material: „Polyurethan ist einer der schlimmsten Kunststoffe!“ erklärt die Restauratorin. Aus eben diesem Polypolyurethanschaum besteht das Polster des „Tube-Chair“ von Joe Colombo aus dem Jahr 1969. Hier hat man sich nun entschlossen, den Designerstuhl in seiner Plastikummantelung zu belassen, weil der Kunststoff schlichtweg bröselt. Und auch das Thema Verpackung wäre allein schon eine weitere Abhandlung wert. Noch komplizierter werden Restaurationen bei kinetischen Objekten, also solchen, die sich bewegen, leuchten oder klingen und womöglich noch auf eine spezielle Programmierung zurückgreifen. Die Technik hat sich rasant entwickelt, wenn man etwa auf die Videokunst blickt. Und wo bekommt man Glühbirnen aus den frühen 1970er Jahren her? Hier arbeitet die Restauratorin mit Elektrikern zusammen und alte Birnen müssen schon mal auf Vorrat online ergattert werden. Sind diese nicht mehr zu bekommen, geht für das Kunstwerk auch allmählich das Licht aus.
Salami trifft Karton
Nicht alles ist dazu bestimmt, auf ewig zu halten. So beinhaltet das Werk „Kleiner Sonnenuntergang“ von Dieter Roth (1930 – 1998) eine Salamischeibe, die auf Kartons montiert ist. Zu sehen ist die Collage in der aktuellen Sonderausstellung ebenso wie der verpackte, nicht zu restaurierende „Tube-Chair“. Der Siebdruck auf Plexiglas von Erich Buchholz „Steigen im Kreis“ ist als Replik zu sehen, denn das Original ist so fragil, dass es sich nicht mehr transportieren lässt. „Wir tragen die Verantwortung, die Kunst zu bewahren, aber auch das Wissen um die Techniken und die Herangehensweise der Künstler,“ erklärt die Museumsleiterin. Kann man den Künstler oder die Künstlerin zu ihrem Werk befragen, dann wird das auch getan und die Information entsprechend archiviert. So werden künftige Generationen auf diese Infos zurückgreifen und vielleicht mit neuen, derzeit noch nicht verfügbaren Mitteln ein neues Restaurationskapitel aufschlagen.
Besucherinnen und Besucher der Ausstellung werden im Anschluss keine Restaurationsprofis sein, aber es gibt an zahlreichen Stationen die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden. Es können auch Fragen an die Restauratorin gestellt werden. Diese gelangen per Zettel über eine Art Kugelbahn vom zweiten Stock ins Erdgeschoss, werden dort gesammelt und per Video beantwortet, so dass man sie über die Museumsapp abrufen kann. Außerdem gibt es ein Begleitprogramm zur Ausstellung, das neben Vorträgen zum Beispiel eine Einführung in das richtige Rahmen und Montieren von Graphiken beinhaltet. (ma)
Kurz notiert:
In Preparation
Museum für Konkrete Kunst
Tränktorstraße 6–8
85049 Ingolstadt
0841/305 1875
www.mkk-ingolstadt.de
Öffnungszeiten
Ausstellung:
Mittwoch 10:00 bis 17:00 Uhr
Sonntag 10:00 bis 17:00 Uhr
Offenes Labor:
jeden Mittwoch 10 bis 17 Uhr
Eintritt frei!
Busverbindung:
Haltestellen Rathausplatz/Schutterstraße