Ganz selbstverständlich grasen die Wisente in ihren Gehegen am Haus im Moos. Als wären sie schon immer da gewesen. Dabei ist es erst 20 Jahre her, dass die stattlichen Tiere, die kurz vor der Ausrottung standen, hier angesiedelt wurden. „Wir feiern ein wahres Leuchtturmprojekt,“ erklärte Peter von der Grün, Landrat des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen des Wisentgeheges im Haus im Moos in Kleinhohenried. Und als eine „kühne Vision“ bezeichnete Staatssekretär und Altlandrat Roland Weigert das Projekt. Die Gehege sind inzwischen ein touristischer Anlaufpunkt, hier wird ein erfolgreiches Artenschutzprojekt betrieben und dieser Artenschutz auch Kindern näher gebracht. Zudem „arbeiten“ die beeindruckenden Pflanzenfresser auch als Landschaftsgestalter und Landschaftspfleger, die Lebensräume auch für andere Tiere wie Insekten oder Vögel schaffen.
Seit 20 Jahren leitet Dr. Johannes Riedl die Wisentzucht im größten Niedermoor Süddeutschlands – es war die erste Aufgabe, mit der der Neuling am Veterinäramt des Landkreises sogleich betraut wurde. Er bedankte sich bei seinem „Wisent-Dreamteam“ und berichtete beim Festakt von den Anfängen der Zucht, die mit dem Wisentpaar Nox und Nola begonnen hatte. Sie stammten aus dem Tiergarten in Nürnberg („Ohne Nürnberg wäre das Projekt gar nicht möglich geworden“, betonte Roland Weigert). Doch Bulle Nox, der genetische Vater der Donaumoos-Herde, machte bei seiner nächtlichen Ankunft 2002 auf der Weide des früheren Moorversuchsguts keinen allzu imposanten Eindruck: „Dann haben wir festgestellt, dass Wisente sechs Jahre brauchen, bis sie ausgewachsen sind“, erklärte Dr. Riedl, der sich während seiner Tätigkeit noch jede Menge Wisent-Wissen drauf schaufelte. Im Mai 2003 ist das Wisentgehege unter der Trägerschaft des Donaumoos-Zweckverbandes in Betrieb genommen worden, 2007 waren hier bereits 20 Tiere zu verzeichnen, so dass das Anlage erweitert wurde. Aktuell sind 27 Wisente in drei Herden und damit drei Zuchtgruppen auf drei Gehege (Gesamtfläche 25 Hektar) verteilt.
Die Wisentzucht im Donaumoos trägt seit Jahren zur Erhaltung des größten europäischen Landsäugetiers bei. 99 Geburten konnten vor Ort gezählt werden, 49 Tiere (davon 34 im Donaumoos geboren) sind in andere Gehege oder zu anderen Projekten übersiedelt worden, darunter 19 Wisente die durch den WWF in Rumänien ausgewildert wurden. Mit Alexandra Sallay-Moşoi, die übrigens in Ingolstadt aufgewachsen ist, war eine Vertreterin dieses Projekts zur 20-Jahr Feier nach Kleinhohenried gekommen, um ihre Erfahrungen weiter zu geben. Dr. Martin Görner (Artenschutzgruppe Thüringen) zählte ebenso zu den Gastrednern wie die polnischen Professorin Wanda Olech, die als die Koryphäe der Wisentforschung gilt. Sie steuerte beeindruckende Zahlen bei: Gab es 1932 noch 67 Exemplare des europäischen Bisons, wie der Wisent auch genannt wird, so ist die Population vor allem durch die Anstrengungen in Deutschland und Polen auf mittlerweile 1056 (Stand 2022) angestiegen. Während in Deutschland allerdings rund 90 Prozent der Tiere in Gefangenschaft lebten, seien in Polen 90 Prozent der Wisente in freier Wildbahn zu finden. Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) stuft den Wisent seit 2020 als „potentiell gefährdet ein“, zuvor galt er als „gefährdet“.
„Es bedarf weiterer Anstrengungen, die imposanten Tiere zu erhalten“, betonte Landrat Peter von der Grün. Und Roland Weigert richtete sich noch mit einer Marketingidee an den anwesenden Kommodore des Neuburger Luftwaffengeschwaders Oberst Jürgen Schönhöfer: Man könne doch im Jagdgeschwader eine Staffel nun Wisent-Staffel nennen oder auf einem der Flugzeuge zumindest eine Sonderlackierung mit einem Wisent anbringen. (ma)
Kurz notiert:
Wisentgehege am Haus im Moos
Freilichtmuseum und Umweltstation
Kleinhohenried 108, 86668 Karlshuld
Tel.: 08454/95-205
www.haus-im-moos.de
Infos zu Gehege und Patenschaften:
www.wisentgehege-donaumoos.de
Öffnungszeiten:
1. April bis 31. Oktober
Dienstag bis Freitag 8 – 17 Uhr
Samstag 13 – 17 Uhr
Sonn- und Feiertag 11 – 17 Uhr