100 Jahre Ski-Gymnastik im Medizinhistorischen Museum

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    Diese Ausstellung bewegt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn man kann gar nicht anders als selbst zumindest ein bisschen die Hüften kreisen zu lassen, rhythmisch mit dem Fuß zu tippen oder gleich in die Abfahrtshocke zu gehen. „Hals- und Beinbruch! Fit für die Piste mit Ski-Gymnastik“ ist der Titel der aktuellen Sonderausstellung im Deutschen Medizinhistorischen Museum in Ingolstadt.

    Größter Leihgeber der Ausstellung ist der Sammler und „Retro Skifluencer“ Thomas Bachnetzer aus Innsbruck (li), der hier Jacke und Haube eines Streckenpostens der Olympischen Winterspiele von 1976 in Innsbruck trägt. Daneben Ausstellungskurator Dr. Alois Unterkircher du in der Mitte die Fackel der Olympischen Spiele, eine Leihgabe des Innsbrucker Stadtmuseums.

    Im Mittelpunkt steht dabei besagte Ski-Gymnastik, die den Freizeitsportler und die Freizeitsportlerin auf den „Ernstfall“ auf der Piste vorbereiten sollte. Mit dieser Ausstellung betritt das Museum durchaus Neuland: „Es gibt zwar eine reichhaltige Literatur zur Geschichte des Wintersports, es gibt auch einige Aufsätze zur Gymnastikbewegung, aber interessanterweise hat sich noch nie irgendjemand mit der Geschichte der Ski-Gymnastik beschäftigt“, erklärt Ausstellungskurator und Sammlungsleiter des DMMI, Dr. Alois Unterkircher. Gerade diese „Unerforschtheit“ war ein Grund, sich des Themas anzunehmen. Der zweite Grund: „Die moderne Ski-Gymnastik ist eine bayerische Erfindung, weil einem sofort die bekannte Sendung Tele-Ski-Gymnastik einfällt, die der Bayerische Rundfunk in den 1960er Jahren das erste Mal ausgestrahlt hat.“ Als dann 1977 die zweifache Ski-Olympiasiegerin Rosi Mittermaier mitwirkte, wurde die Sendung regelrecht zum Straßenfeger. In den bayerischen Wohnzimmern wurde nach Anleitung von Manfred Vorderwülbecke der „Ski-Mambo“ geübt und ganze Familien versuchten sich in der Bewältigung spektakulärer Abfahrtsstrecken. Dieses TV-Phänomen, das man auch als Schallplatte und oder in Buchform ein Stück weit nachvollziehen konnte, bildet den Kern der Sonderausstellung. Und wer möchte, kann sogar an einem eigens installierten Bildschirm die zwei Minuten Abfahrtshocke mit Rosi Mittermaier selbst ausprobieren. Rund um die Kult-Sendung hat Unterkircher mit dem Team des DMMI eine Slalomfahrt durch die Geschichte des Skisports erarbeitet, wobei es insbesondere darum geht, wie Erkenntnisse der Sport- und Präventivmedizin publikumswirksam mit Hilfe der Medien an den Mann und die Frau gebracht wurden.

    Am Anfang waren die Norweger

    Bei Eis und Schnee auf einen Berg zu steigen, um dann auf Skiern herunterzufahren – zum puren Vergnügen – das war für die Menschen im Alpenraum bis ins Ende des 19. Jahrhunderts eine komplett bescheuerte Idee. Der Winter war eine extrem harte Zeit, die Berge lebensgefährlich. Der Skisport im Alpenraum ist ein Import aus Norwegen, den unter anderem norwegische Studenten mit nach Bayern gebracht haben. Übrigens inklusive der Sportbezeichnung: Das Wort „Ski“ stammt aus dem Norwegischen und bedeutet so viel wie „Scheit, gespaltenes Holz“.  In kürzester Zeit fand der neue Sport immer mehr Anhänger (vor allem aus der Stadt), es entstanden Ski-Clubs, die Infrastruktur wurde ausgebaut und die Ausrüstung veränderte sich. Die norwegischen Bretter mussten modifiziert werden, da die Hänge in den Alpen steiler und die Abfahrten flotter waren. Und so lernt man in der Ausstellung viel über die Entwicklung von Skibindungen und Skischuhen, über Verletzungsgefahren und Behandlungsmethoden und die ersten Präventivmaßnahmen. En großes Foto zeigt beispielsweise eine Trockenübung in einer Turnhalle in Berlin aus dem Jahr 1920. Zu dieser Zeit erschienen bereits Bücher, die zum Beispiel „Eine Anleitung zu Zweckfreiübungen des Schiläufers“ beinhalteten und auch das Ski-Turnen kam in Mode.

    Bequemer Transport – bewegungsarme „Sportler“

    Mussten die Sporttreibenden zunächst Stunden lang den Berg hinauf steigen, um dann in wenigen Minuten ins Tal zu fahren, änderte die Erfindung des Lifts so einiges. „In den 1950er Jahren gab es in Bayern an Seilbahnen und Liften fünf und an Schleppliften 23. 1964 waren es 57 Bahnen und 307 Schlepplifte. Daran sieht man, wie massiv das ausgebaut wurde“, erklärt Unterkircher. In den 1970er Jahren war Skifahren schließlich ein absoluter Breitensport. Der Nachteil: Auch weniger sportliche Zeitgenossen wagten sich auf die Piste und die Zahl der Unfälle mit Knochenbrüchen stieg deutlich an. Die Erfindung der Sicherheitsbindung sollte hier Abhilfe schaffen, aber auch das Thema Ski-Gymnastik gewann durch die stetig steigende Zahl an Skisportlern und Skisportlerinnen zunehmend an Bedeutung. Bereits 1967 flimmerte die erste Folge der „Tele-Skigymnastik“ über den Bildschirm und wurde ein Riesenerfolg, der wie bereits erwähnt mit der Teilnahme von Rosi Mittermaier einen Meilenstein der deutschen Fernsehgeschichte darstellte. „Wir haben hier in der Ausstellung deshalb auch eine Olympia-Ecke mit Objekten aus Innsbruck eingerichtet, zum Beispiel die Slalom-Goldmedaille von Rosi Mittermaier,“ betont der Ausstellungskurator. Auch ein Fackelhalter der XII. Olympischen Winterspiele von 1976 ist nun im Medizinhistorischen Museum zu bewundern.

    Trimm dich!

    Mehr Bewegung. Das war das Ziel der Kampagne „Trimm Dich durch Sport“, die in den 1970er Jahren vom Deutschen Sportbund organisiert wurde. Ganz bewusst wollte man weg vom Leistungsgedanken und Kinder, Frauen und ältere Menschen zu Bewegung motivieren. Der zunehmende TV-Konsum, sitzende Bürotätigkeiten und das Auto sorgten für eine grassierende Bewegungslosigkeit – auch bei Managern. Und so sollte ein Comic-Männchen namens „Trimmy“ die Deutschen in Schwung bringen. Dieser Trimm-dich Bewegung ist der letzte Teil der Sonderausstellung gewidmet. Hier stehen wie in den anderen Ausstellungsbereichen auch Hörbeispiele zur Verfügung, die man über den Audioguide abrufen kann. Dazu können an den unterschiedlichen Videostationen, die im gesamten Raum verteilt sind, historische Aufnahmen angesehen werden – vom Ausschnitt aus „Der weiße Rausch“ bis zum Werbefilm der „Trimm Dich durch Sport“ Kampagne. In den Vitrinen tummeln sich dazu Ausrüstungsgegenstände und Kleidungsstücke, die manch einem Besucher ein „Ja, so einen hab ich auch gehabt“ entlockt. Die Ski-Nostalgie macht auch den Reiz dieser Zeitreise aus – noch dazu, wo angesichts des Klimawandels diese Form des Sports zu den aussterbenden Exemplaren gehört. Wie heißt es so schön in der Ankündigung des Museums: „Die Ausstellung nimmt Sie mit in eine Zeit, in der die Winter noch hart und die Skischuhe noch orange waren!“

    Schallplatten mit Gymnastikübungen umrahmen den Monitor, auf dem u.a. „Trimmy“, das Maskottchen der „Trimm Dich durch Sport“ Kampagne über den Bildschirm flimmert.

    Die Schau wird im April übrigens noch durch eine zusätzliche Präsentation im Seminarraum ergänzt. Diese wird dann von Spezialisten des Klinikums Ingolstadt kuratiert und befasst sich mit der Osteosynthese, also der operativen Verbindung von gebrochenen Knochen mithilfe von Schrauben, Nägeln, Platten oder Drähten.

    Zur Ausstellung werden Standardführungen und Familienführungen angeboten. Für Kinder gibt es an der Kasse ein kostenloses Suchspiel. Informationen gibt es auf der Webseite des Museums www.dmm-ingolstadt.de. (ma)

    Kurz notiert:
    Hals- und Beinbruch!
    Fit für die Piste mit Ski-Gymnastik
    bis 15. September 2024
    Deutsches Medizinhistorisches Museum
    Anatomiestraße 18 – 20
    85049 Ingolstadt

    Öffnungszeiten
    Dienstag – Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr
    geschlossen am 01.01.,01.11., 24.12., 25.12., 31.12 sowie am Faschingsdienstag und am Karfreitag.

    Tel.: 0841/305-2860
    Mail: dmm@ingolstadt.de
    www.dmm-ingolstadt.de

     

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