„Wir sind näher am Puls der Zeit als gedacht,“ schmunzelte Theres Rohde, Direktorin des Museums für Konkrete Kunst bei der Vorstellung der kommenden Sonderausstellung. Deren Titel „Hängepartie. Kunst mit offenem Ende“ trifft in Corona-Zeiten ganz besonders zu. „Wir haben kreatives Potential aus einer schwierigen Situation geschöpft.“ So wurde der Schwebezustand in Kunst verwandelt: Das MKK hat daraus eine Ausstellung mit Werken aus der Sammlung sowie internationalen Gästen gemacht, die Platz sowohl für Problematisierung und Humor wie auch Ästhetik gibt. Die Ausstellung ist für das Publikum – soweit es Corona zulässt – von Sonntag, 16. Januar bis zum 1. Mai zu sehen.
Konzept der Ausstellung
Eine Hängepartie ist eine Zeit der Ungewissheit, der ungeklärten Verhältnisse, des Hinhaltens. Der Begriff ist dem Schach entnommen. War in einem Spiel nach fünf Stunden noch kein Sieger oder Siegerin in Sicht, wurde die Partie abgebrochen und damit die Entscheidung vertagt. Bildlich hingen die Spielenden in der Luft über den Ausgang. Diese Praxis ist seit den 1990er-Jahren überholt, geblieben ist der Begriff der Hängepartie allerdings in der Alltagssprache.
Im Angesicht der Pandemie wurde dieser meist temporär befristete zu einem Dauerzustand — für alle Menschen, vor allem aber für die Kulturschaffenden. Was der Kunst allerdings gelingt, ist, aus unwegsamen Situationen kreatives Potenzial zu schöpfen. Das Museum für Konkrete Kunst möchte, statt in Schockstarre zu verfallen, in der Hängepartie Potential für Haus, Kunst und Publikum erkennen. Es deutet die allgemeingültig negative Konnotation um und macht aus der Ausstellung einen Ort, an dem unterschiedliche Gemütszustände zum Ausdruck kommen. „Kunst mit offenem Ende“ bedeutet hier auch „Kunst mit einer besonderen Spannung“, „Kunst zum Weiterdenken“.?
Für die Ausstellung „Hängepartie“ haben namhafte Künstlerinnen und Künstler, ja Stars der aktuellen Kunstszene, die Einladung nach Ingolstadt angenommen und tragen mit sehr unterschiedlichen Werken zu einer abwechslungsreichen Schau bei. Darunter etwa die documenta-Teilnehmerin Nevin Aladağ, Ceal Floyer, der der renommierte Preis der Nationalgalerie verliehen wurde und der international beachtete Gregor Hildebrandt.
Auch aus der Sammlung des MKK und der Stiftung für Konkrete Kunst und Design wurden Werke für die Ausstellung „Hängepartie“ ausgewählt, wie von René Acht, Hartmut Böhm, Camille Graeser und Timm Ulrichs. Zwei Künstlerinnen und ein Künstler werden selbst im Dezember und Januar ihre Installationen in den Räumlichkeiten des MKK aufbauen: Heike Weber, Stef Heidhues und Knopp Ferro.
Die Ausstellung für Zuhause
Anstelle eines Ausstellungskatalogs bringt das Museum für Konkrete Kunst eine limitierte Bildersammlung mit begleitenden Texten heraus. Mithilfe eines einfachen Nagels und einer Foldback-Klammer können so die heimischen Wände zur eigenen wechselnden Ausstellungsfläche werden. Erhältlich ist er an der Museumskasse. (mkk/ma)
Mehr: www.mkk-ingolstadt.de
(Eröffnung der Sonderausstellung am Samstag um 19 Uhr, 15.01.2022 nur mit Anmeldung)