„Unser Plan ist es, die Stadt zu theatralisieren,“ erklärte der Intendant des Ingolstädter Stadttheaters, Knut Weber mit Blick auf das Theaterereignis 2024. Vom 29. Mai bis zum 16. Juni werden in Ingolstadt die 39. Bayerischen Theatertage stattfinden. Dabei werden als 23 Inszenierungen (darunter drei Produktionen für Kinder und Jugendliche) von Stadt- und Landestheatern sowie freien Gruppen aus dem ganzen Freistaat gezeigt. Wer zu den Theatertagen eingeladen wurde, das entschied eine Jury aus Fachleuten. „Die Auswahl der Jury ist sehr bemerkenswert, weil sie ein Panorama dessen liefert, was in bayerischen Theatern gespielt wird. Es gibt da viel zu entdecken,“ so Weber. Das habe auch viel mit theatraler Lust und Wucht zu tun. Thematisch spielt die NS-Vergangenheit eine große Rolle, aber es wird auch ein ganzes Spektrum an aktuellen Themen auf der Bühne künstlerisch verarbeitet, so etwa Nachhaltigkeit, Stadtidentität und Transformation. Letztere sind gerade für Ingolstadt zentrale Stoffe: „Die Stadt steht dafür und hat viele Identitäten hinter sich“, so Weber. Als eine Zeugin dieses Transformationsprozesses sei die Schriftstellerin Marielusie Fleißer zu sehen. Und so widmet sich ein noch namenloses Projekt (spontan von Knut Weber als „Fleißer reloaded“ bezeichnet) dem modernen Volkstheater und dessen Bedeutung im Hier und Jetzt. Studierende der Dramaturgie an der Münchner Theaterakademie August Everding und des Studiengangs Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin erarbeiten dazu aktuell gemeinsam kleine Produktionen oder szenische Lesungen, die im Rahmen der Theatertage ohne Ankündigung einfach „auftauchen“ werden.

Aus rund 70 Bewerbungen galt es die Inszenierungen auszuwählen, die in Ingolstadt gezeigt werden. „Die Jury, die sich aus verschiedenen fachlichen Bereichen zusammensetzt, bildete eine erstaunlich harmonische Einheit, sodass wir am Ende zu einem einheitlichen und heterogenen Ergebnis kommen konnten. Wir hatten unheimlich Spaß bei den Sichtungen!“ betonte Jurymitglied Thomas Schwarzer. Und Projektleiter Georg Kistner zeigte sich von der freien Theaterszene begeistert: „Ich möchte alle ermutigen, sich auch gerade diesen Produktionen der freien Szene zu widmen.“ Das Festival endet mit zwei feierlichen Programmpunkten: Während erstmals in der Geschichte der Theatertage eine Publikumsjury einen Preis an das Regieteam der besten Inszenierung überreicht, erhalten Absolventinnen und Absolventen der bayerischen Theaterhochschulen – zum ersten Mal öffentlich – Stipendien des Deutschen Bühnenvereins.
Theaterzelt und Rahmenprogramm
Bei den Bayerischen Theatertagen werden nicht nur alle Spielstätten des Stadttheaters genutzt, sondern auch der Theatervorplatz in einen Ort der Begegnung, Diskussion und der Party verwandelt. Dazu wird ein Zelt aufgestellt, in dem sogar die Eröffnung der Fußball EM übertagen werden wird. Davor sind hier ein rauschendes Eröffnungsfest, Workshops und Late-Night-Programme und Podiumsdiskussionen geplant. Es soll außerdem viel Zeit und Raum für direkte Gespräche mit den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern geben. So endet die Intendanz von Knut Weber auch mit dem großen Anliegen, das jede Spielzeit begleitet hat, nämlich das Theater zu den Menschen zu bringen. (ma)
Überblick über die 39. Bayerischen Theatertage vom 29. Mai bis 16. Juni 2024 in Ingolstadt
Die Jury:
Friederike Engel (Leiterin der Tafelhalle, Nürnberg), Andrea Erl (Künstlerische Leiterin Theater Mummpitz, Nürnberg), Christoph Leibold (Bayerischer Rundfunk, Redaktion Kultur), Gabriele Rebholz (Dramaturgin, Stadttheater Ingolstadt), Thomas Schwarzer (Deutscher Bühnenverein, Landesverband Bayern) und Ingrid Trobitz (Stellvertretende Intendantin, Residenztheater München)
Die eingeladenen Inszenierungen:
(Einige Entscheidungen der Jury stehen aus organisatorischen Gründen – unter anderem mussten Sichtungstermine krankheitsbedingt verschoben werden – noch aus. Am Ende wird das Programm rund 30 Veranstaltungen umfassen.)
Staatstheater Augsburg
Das Tagebuch der Anne Frank
Monooper in zwei Teilen von Grigori Frid
R: Nora Bussenius, Musikalische Leitung (ML): Anna Malek
Metropoltheater München
Slippery Slope
Almost a Musical
von Yael Ronen und Shlomi Shaban
R: Philipp Moschitz
Bayerisches Staatsschauspiel München
Warten auf Platonow
von Thom Luz nach Motiven von Anton Tschechow
R: Thom Luz
ETA Hoffmann Theater Bamberg
Das Vermächtnis (The Inheritance) – Teil 1
von Matthew Lopez nach dem Roman »Howards End« von E.M. Forster
R: Sibylle Broll-Pape
Landestheater Coburg
Was ihr wollt
von William Shakespeare
R: Jana Vetten
Landestheater Schwaben Memmingen
Der große Gatsby
von F. Scott Fitzgerald, Bearbeitung: Angela Obst
R: Peter Kleinert
Theater Regensburg
Draußen vor der Tür
Heimkehrdrama von Wolfgang Borchert
R: Antje Thoms
Theater Ho
Die weiße Rose
Oper von Udo Zimmermann, Libretto von Ingo Zimmermann
Neufassung für das Theater Hof
von Arno Waschk und Lothar Krause
R: Lothar Krause, ML: David Preil
Theater an der Rott Eggenfelden
Die Mausefalle
Krimi von Agatha Christie
R: Elke M. Schwab
theater VIEL LÄRM UM NICHTS München
Coriolan
von William Shakespeare
R: Andreas Seyferth
Theaterakademie August Everding München
Wir im Finale
Theaterstück von Marc Becker und 2. Jahrgang Schauspiel
Bewegungsprojekt
R/Choreografie (CH): Katja Wachter
Theater Kempten
Das verräterische Herz
Ein Musiktheater nach Edgar Allan Poe
R: Jochen Biganzoli
Münchner Kammerspiele
5-6 Semmeln und 1 kalte Wurst
von Lena Christ und Annette Paulmann
R: Annette Paulmann
Staatstheater Nürnberg
Jahre mit Martha
nach dem Roman von Martin Kordić
R: Julia Hölscher
Schauburg München (15+)
Erik*a
Eine Multimedia-Revue mit Texten von Theresa Seraphin
R: Daniel Pfluger, Lukas März
Theater Mummpitz Nürnberg (8+)
Plötzlich tief im Wald
Ein Hörspiel für die Bühne nach der gleichnamigen Erzählung von Amos Oz
(Uraufführung)
R: Sabine Zieser
Theater Pfütze Nürnberg (8+)
Die Biene im Kopf
Pfütze-Schauspiel von Roland Schimmelpfennig
Eine Kooperation mit dem Staatstheater Nürnberg
R: Maike Bouschen
Dehnberger Hof Theater
Ruhm & Ruin
Ein musikalisches Theaterspektakel v. und m. Heiner Bomhard und Gankino Circus
R: Holger Seitz
Tafelhalle Nürnberg
Un Amor oder Die Erfindung meiner Mutter
Performance von PLAN MEE / Eva Borrmann mit Texten von Urs Humpenöder
CH: Eva Borrmann
Theater Wasserburg
Die Präsidentinnen
Fäkaliendrama von Werner Schwab
R: Annett Segerer
Teamtheater Tankstelle München
Verbrennt mich! – Das bewegte Leben des Oskar Maria Graf
R: Georg Büttel
kleines Theater – Kammerspiele Landshut
Faust01 – Fragmente23
frei nach Johann Wolfgang von Goethe
R: Sven Grunert
Kulturbühne Spagat München
Alan – Mensch Maschine
R und Text: Christian Heiß und Thorsten Krohn
Eigenproduktion:
Stadttheater Ingolstadt
Haus ohne Ruhe 1-3
(This Restless House)
Eine Trilogie von Zinnie Harris nach der Orestie von Aischylos
Regie (R): Jochen Schölch
Aktualisierte Infos unter theater.ingolstadt.de