„Die Toten ins Haus bitte!“ ertönt es vor dem Öxler-Anwesen im Freilichtmuseum Donaumoos. Regisseur Oliver Vief bittet die Schauspieler und Schauspielerinnen des Neuburger Volkstheaters noch einmal um Konzentration – und das nach einem Probentag bei brütender Hitze. Noch einmal wird die Schlussszene des Stücks „Die Lerche von Hinterkaifeck“ geprobt, wobei zwei Schauspieler die Rolle der Pferde übernehmen. Die tierischen Darsteller greifen erst später kurz vor der Premiere am 8. Juli ins Geschehen ein. Dann werden auch Oldtimer, Fahrräder und Motorräder die Szenerie bevölkern.
Der Öxler-Hof auf dem Museumsgelände ist die ideale Kulisse für das Stück, das von den tragischen und dramatischen Ereignissen auf dem Hof der Familie Gruber in Hinterkaifeck erzählt. Das Gebäudeensemble sieht den historischen Fotografien (der Hof von Hinterkaifeck wurde abgerissen) sehr ähnlich, stammt er doch aus der selben Epoche. Man stelle sich nun die Abschlussszene nach Sonnenuntergang vor dem alten Gebäude vor. Ergreifend. Und womöglich wird es auch eher still sein, wenn das Ende des Stücks gekommen ist. Passend, aber ungewöhnlich. „Der Inhalt des Stücks ist die große Herausforderung. Es geht um Mord, Totschlag und Vergewaltigung. Das auf der Bühne dazustellen, ist nicht das angenehmste,“ betont Spielleiter Oliver Vief.
Für Schauspieler Sepp Reichart, der den tyrannischen Bauer Gruber spielt, eine Herausforderung. „Es ist leicht, den Zuschauer zum Lachen zu bringen. Aber ihn dazu zu bringen, dass er am Schluss vielleicht nichts mehr sagt, aufsteht und wenn überhaupt applaudiert, das ist schwieriger. Es brauchte eine gewisse Zeit, bis man sich in diese Rolle hinein findet.“ Häusliche Gewalt, Inzest und am Ende sechs brutale Morde – das ist auch für die Darstellerinnen eine heftige Erfahrung: „Man nimmt das schon mit nach Hause,“ meint Melanie Dachs, die die Magd Maria Baumgartner spielt. Und Ulrike Stuhlfelder (sie verkörpert Victoria Gruber) erklärt: „Das Stück ist nicht verjährt. Jeden Tag werden Frauen verprügelt, vergewaltigt und ermordet. Solche Familientragödien können sich jeden Tag abspielen.“ Nicht nur die Gewalt ist ein Thema, sondern auch der Umgang mit Verdächtigungen und Verdächtigen. Und so ist die Botschaft des Stücks für Oliver Vief: „Es geht darum, Leute nicht vorzuverurteilen und mit dem Finger auf sie zu zeigen, bevor etwas bewiesen ist!“
Vom Biergarten auf die Tribüne
Das Theaterstück (2 Pausen!) spielt zunächst im Biergarten des Freilichtmuseums. Von dort ziehen die Darsteller und Darstellerinnen zum Öxler-Anwesen, während die Zuschauer und Zuschauerinnen auf einer eigens aufgebauten Tribüne gegenüber dem Hof Platz nehmen. 640 Personen können pro Aufführung von dort dem Geschehen folgen. Keine kleine Zahl – und so waren sich die Verantwortlichen um die Vereinsvorsitzende Daniela Zimmermann auch nicht sicher, ob sich die Plätze füllen werden. Schließlich ist die Thematik des Stücks ernst und bedrückend, noch im Frühling beim Start des Kartenvorverkaufs galten Corona-Regeln und ob das Publikum wieder die gewohnte Begeisterung für das Theater an den Tag legen würde, war ganz und gar nicht klar. Umso größer war die Erleichterung, dass die Nachfrage so groß war, dass man für Ende Juli Zusatzvorstellungen ansetzten musste. „Es gibt Leite, die keine Karten gekauft haben, will das Stück nichts für sie ist. Das ist auch völlig in Ordnung. Dafür haben wir vielen Anfragen nach Karten von Menschen außerhalb der Region,“ so Daniela Zimmermann.
„Mir war klar, dass die Vorstellungen nicht ausreichen werden,“ meint dazu ein optimistischer 1. Bürgermeister. Michael Lederer ist als Rathauschef in Karlshuld zusammen mit den Kollegen aus Karlskron und Königsmoos automatisch im Vorstand der Stiftung DONAUMOOS Freilichtmuseum und Umweltbildungsstätte. „Alle Bürgermeister waren von der Idee, hier das Freilichttheater zu veranstalten, begeistert. Der Hintergrund ist einfach ideal. Das ist perfekt.“ Und für das Freilichtmuseum könnte das auch zusätzliche Besucher generieren, denn wer eines Abends zum Theater kommt, der kehrt vielleicht tagsüber (dann mit den Kindern, denn das Stück ist erst ab 16 Jahren) noch einmal zurück, um sich die historischen Höfe, das Umweltbildungszentrum und die Wisente anzusehen. Im Moos ist eben doch was los… (ma)
Die Lerche von Hinterkaifeck
nach dem Roman von Adolf J. Köppel
Neuburger Volkstheater
Freilichtmuseum Donaumoos
Kleinhohenried
Premiere am 8. Juli
Infos und Tickets unter: www.volkstheater-neuburg.de